Barbara/barbarabee hat eine Reihe initiiert, in der sie immer donnerstags großartige Frauen in Wort und Bild vorstellen will. Da ich mich jahrelang mit diesem Thema befasst habe, habe ich mir vorgenommen, ab und an einen Post zu einer solch bemerkenswerten Frau beizusteuern .
Heute möchte ich eine Künstlerin vorstellen, die die Kunstszene in meiner Stadt in der Nachkriegszeit entscheidend mitgeprägt hat. Sie hat vor zwei Monaten ihren 80. Geburtstag gefeiert und ist damit wieder in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses gerückt: Mary Bauermeister.
Ihr Atelier in der Kölner Lintgasse galt als ein Geburtsort der Fluxusbewegung in Deutschland. Fluxus war - ähnlich wie der Dadaismus , von dem im Post über Hannah Höch die Rede war - ein Angriff auf den zu dieser Zeit geltenden Kunstbegriff und stand für die Einheit von Kunst UND Leben. Heute gilt Mary Bauermeister als "Mutter" dieser Nachkriegs - Avantgarde.
Mary Bauermeister kommt am 7. September 1934 zwar in Frankfurt am Main zur Welt, wächst aber weitgehend in Köln auf, wo sie auch zur Schule geht, denn sie ist nach der Trennung der Eltern beim Vater, einem Professor für Anthropologie in Köln, geblieben. Nach einem Studium an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung in Ulm und der Staatlichen Hochschule für Kunst und Handwerk in Saarbrücken kehrt sie nach Köln zurück, wo sie 1959 ihr später berühmtes Atelier bezieht.
Sie lädt Künstler wie John Cage, Nam June Paik, George Brecht ein, dort Konzerte, Lesungen und Happenings zu veranstalten, aber auch Joseph Beuys, Wolf Vostell, Christo kommen zu Ausstellungen und Aktionen.
In Köln kommt es auch zu einer schicksalhaften Begegnung mit Karl Heinz Stockhausen. Doch da er verheiratet war, bleibt er für sie erst einmal tabu. Erst durch die gemeinsame Arbeit in einem seiner Kompositionskurse in Darmstadt ändert sie ihre Meinung, wird seine Geliebte und lebt mit ihm und seiner Ehefrau in einer mènage à trois. Auch wenn sie in einem Interview mit der Zeitschrift DIE ZEIT 2014 sagte: "Es war das Bewusstsein, dass es keine gesegnete Partnerschaft sein konnte, weil schon eine Frau und drei Kinder da waren, das vierte unterwegs. Wir haben nicht unschuldig zueinandergefunden. Obwohl ich es so leben musste, ahnte ich, der Segen ist nicht drauf. Für eine gewisse Zeit vielleicht, aber nicht ewig.", so konnte sie sich sicher sein, dass nur sie in der Lage zu künstlerischem Austausch mit ihm war, dass sie seine alleinige Muse war.
1962, nach einer erfolgreichen Einzelausstellung in Amsterdam, geht Mary Bauermeister nach New York, wo sie Kontakte zu Pop-Art - Künstlern sucht und findet, unter anderem zu Robert Rauschenberg, Jasper Johns, Niki de Saint Phalle und Jean Tinguely.
Mit ihren Linsenkästen hat sie großen Erfolg. Besonders das Innere der Kästen, bestehend aus Kugeln, Lupen, Prismen und Zeichnungen auf hintereinander angeordneten Glasscheiben war ganz neu ( und haben auch Jahrzehnte später meine Schüler immer ganz besonders fasziniert und interessiert ) wie diese "Hommage à Jasper Johns" von 1964/65:
Lange Zeit sieht es so aus, als könne Bauermeister, was den Ruhm anbelangt, an ihrem Geliebten vorbeiziehen, so erfolgreich ist sie in der Neuen Welt.
Ihr Atelier in der Kölner Lintgasse galt als ein Geburtsort der Fluxusbewegung in Deutschland. Fluxus war - ähnlich wie der Dadaismus , von dem im Post über Hannah Höch die Rede war - ein Angriff auf den zu dieser Zeit geltenden Kunstbegriff und stand für die Einheit von Kunst UND Leben. Heute gilt Mary Bauermeister als "Mutter" dieser Nachkriegs - Avantgarde.
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Mary Bauermeister kommt am 7. September 1934 zwar in Frankfurt am Main zur Welt, wächst aber weitgehend in Köln auf, wo sie auch zur Schule geht, denn sie ist nach der Trennung der Eltern beim Vater, einem Professor für Anthropologie in Köln, geblieben. Nach einem Studium an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung in Ulm und der Staatlichen Hochschule für Kunst und Handwerk in Saarbrücken kehrt sie nach Köln zurück, wo sie 1959 ihr später berühmtes Atelier bezieht.
Sie lädt Künstler wie John Cage, Nam June Paik, George Brecht ein, dort Konzerte, Lesungen und Happenings zu veranstalten, aber auch Joseph Beuys, Wolf Vostell, Christo kommen zu Ausstellungen und Aktionen.
In Köln kommt es auch zu einer schicksalhaften Begegnung mit Karl Heinz Stockhausen. Doch da er verheiratet war, bleibt er für sie erst einmal tabu. Erst durch die gemeinsame Arbeit in einem seiner Kompositionskurse in Darmstadt ändert sie ihre Meinung, wird seine Geliebte und lebt mit ihm und seiner Ehefrau in einer mènage à trois. Auch wenn sie in einem Interview mit der Zeitschrift DIE ZEIT 2014 sagte: "Es war das Bewusstsein, dass es keine gesegnete Partnerschaft sein konnte, weil schon eine Frau und drei Kinder da waren, das vierte unterwegs. Wir haben nicht unschuldig zueinandergefunden. Obwohl ich es so leben musste, ahnte ich, der Segen ist nicht drauf. Für eine gewisse Zeit vielleicht, aber nicht ewig.", so konnte sie sich sicher sein, dass nur sie in der Lage zu künstlerischem Austausch mit ihm war, dass sie seine alleinige Muse war.
1962, nach einer erfolgreichen Einzelausstellung in Amsterdam, geht Mary Bauermeister nach New York, wo sie Kontakte zu Pop-Art - Künstlern sucht und findet, unter anderem zu Robert Rauschenberg, Jasper Johns, Niki de Saint Phalle und Jean Tinguely.
Mit ihren Linsenkästen hat sie großen Erfolg. Besonders das Innere der Kästen, bestehend aus Kugeln, Lupen, Prismen und Zeichnungen auf hintereinander angeordneten Glasscheiben war ganz neu ( und haben auch Jahrzehnte später meine Schüler immer ganz besonders fasziniert und interessiert ) wie diese "Hommage à Jasper Johns" von 1964/65:
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Doch - inzwischen schwanger von Stockhausen - lässt sie sich auf ein Ende der Fernbeziehung ein und gerät durch ihre Rückkehr nach Deutschland aus ihrer Karriere - Umlaufbahn. 1967 heiraten die beiden und bekommen nach der gemeinsamen Tochter noch einen weiteren Sohn, bevor sie sich 1973 wieder scheiden lassen. Seit der Trennung "habe sie sich nie mehr durch einen Partner definiert", sagt sie in einem Interview mit dem Bonner Generalanzeiger vor drei Jahren. Mit den Vätern ihrer beiden anderen Kinder pflegte sie eine weniger enge Beziehung. "Es war nicht mehr dieses hundertprozentige Wiedererkennen seiner selbst im anderen", sagt sie im besagten Interview mit der ZEIT. Seit 1978 lebt sie dann gänzlich ohne Partner.
Links auf dem Foto von 1971, das ist M.Bauermeister via |
Mary Bauermeister beginnt sich mit Geomantie zu beschäftigen und gestaltet nach deren Prinzipien weltweit Gärten, wie auch den an ihrem Haus in Rösrath - Forsbach, welches sie vom namhaften Kölner Architekten Erich Schneider- Wessling bei ihrer Rückkehr nach Deutschland hat entwerfen lassen:
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Die Geomantie ist eine alte Form der Weissagung, bei der Zeichen und Muster in die Erde oder den Sand geritzt werden.
Naturmaterialien spielen eine immer größere Rolle in ihren Werken. Das Haus entwickelt sich zu einer Art Wunderkammer:
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In Deutschland - im Gegensatz zu ihrer Zeit in Amerika - vermarktet sich Mary Bauermeister ohne Galeristen selbst. Sie macht viel "Kunst am Bau" bzw. entwirft Dekorationen und Kostüme für Stücke von Stockhausen. Sie ist stolz darauf, immer selbst für ihren Lebensunterhalt und den ihrer vier Kinder zu sorgen.
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Bis heute fördert Mary Bauermeister Künstler aller Genres, beteiligt sich an Aktionen und gilt nach wie vor als ein Motor der Fluxus - Bewegung in ihrer Region. Ihr Werkverzeichnis umfasst mehr als 900 Werke, die auch in Museen in Europa, USA und Deutschland vertreten sind.
Zu ihren runden Geburtstagen gab es immer wieder Retrospektiven, so auch jetzt zu ihrem 80. Geburtstag in der Berliner Galerie "401contemporary" unter dem Titel "Die Visionärin", die bis Ende November dieses Jahres noch zu sehen sein wird.
Nach wie vor öffnet sie an jedem ersten Sonntag des Monats ihr Atelierhaus für alle Interessierten.
Zu ihren runden Geburtstagen gab es immer wieder Retrospektiven, so auch jetzt zu ihrem 80. Geburtstag in der Berliner Galerie "401contemporary" unter dem Titel "Die Visionärin", die bis Ende November dieses Jahres noch zu sehen sein wird.
Nach wie vor öffnet sie an jedem ersten Sonntag des Monats ihr Atelierhaus für alle Interessierten.
"All Things Involved in All Other Things" von 1967/68, eines meiner Lieblingswerke der Künstlerin, konnte das Bonner Landesmuseum in diesem Jahr für seine Sammlung erwerben:
WDR 5 führte aus Anlass des 80. Geburtstages eine Tischgespräch mit Mary Bauermeister, das hier nachzuhören ist.
Über diese Frauen habe ich schon geschrieben:
Hannah Höch
Lotte Reiniger
Und diese findet ihr bei Barbara:
Rachel Ruysch
Maria Sybilla Merian
Amalia Earhart
Dorothea Tanning
Beatrix Potter
Artemisia Gentileschi
Sonia Delauney - Terk
Ich gebe zu, ich habe von ihr noch nie gehört....aber dein Bericht ist hochinteressant...und ich werde mich sicherlich noch mehr mit dieser Künstlerin beschäftigen! Herzlichen Dank für deinen Bericht! LG Lotta.
AntwortenLöschenauch ich habe noch nie von ihr gehört, umso interessanter ihr Portrait. Vielen Dank, dass du dir diese Mühe gemacht hast. Ich werde künftig schauen, ob mir ein Werk von ihr' über den Weg läuft.'
AntwortenLöschenLG
Gea
Danke für deine Vorstellung. Bis eben wusste ich nicht, dass es sie gibt. Werde jetzt noch etwas nachforschen.
AntwortenLöschenLiebste Grüße zu dir :-)
Ihr Buch 'Ich hänge im Triolengitter' steht schon auf meiner Liste.
AntwortenLöschenDanke für die Erinnerung!
LöschenLG
Danke für diese erneute Wissensvermittlung! Und a propos Atelier: Ist meine Einladung per Mail bei Dir angekommen?
AntwortenLöschenLiebe Astrid, vielen vielen Dank, erstens, daß du dich so beherzt an der great woman Serie beteiligst und zweitens für dieses tolle Portrait einer grandiosen Künstlerin, die ich noch gar nicht kannte und die ich GRADIOS finde. Jetzt liebe ich sie auch! Diese Prismen-Geschichten finde ich genial. Danke, danke, danke!
AntwortenLöschenbarbara bee
Danke für die wirklich interessante Biographie. Ich finde diese Serie sehr bereichernd, voller Anregungen weiterzulesen und Inspirationen.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Andrea
Liebe Astrid,
AntwortenLöschenwenn Deine Wissensvermittlung in der Schule nur halb so interessant war wie hier, dann warst (bist) Du eine sehr gute Lehrerin.
Vielen Dank für Deine interessanten Portraits über Leute, von denen ich meistens noch nie gehört habe - und ich hab mich immer für gebildet gehalten ...
Liebe Grüße
Astrid rechtsrheinisch
Meine "Kundschaft" hatte da meist andere Interessen....;-)
LöschenLG
Danke für die Vorstellung. Ich kannte Mary Baumeister noch nicht. Die Bilder ihrer Werke ziehen mich schon in Bann.Wie müssen die erst in Wirklichkeit wirken?!?
AntwortenLöschenDanke für diesen tollen Bericht! Eine spannende und starke Frau.
AntwortenLöschenHerzliche Grüße
Petra
Auch ich kannte sie nicht und bin begeistert nun von ihr, ihrem Leben und ihrer hochspannenden Arbeit zu erfahren... Du bist auf dem Wege einige Löcher meines in Politik und Bürokratie so lange Zeit unerfüllten Kunstinteresses zu stopfen. Ich liebe diese deine Kunst-Beiträge ganz ganz besonders. Und nun muss ich in diese Ausstellung in Berlin! Lieben Gruß Ghislana
AntwortenLöschenwas für ein traum, ihr atelierhaus besichtigen zu dürfen!!! ich muss nach köln...
AntwortenLöschentausend dank für deine ausführungen, ich habe noch viel über sie gelernt!!
herzlichst, mano
Liebe Astrid, wie schön, dass du Mary Bauermeister vorstellst! Sie ist in Deutschland viel zu unbekannt. Ich war schon mal im Atelierhaus, habe sei kennengelernt und bin total begeistert... wir können am Sonntag in Ruhe weiterquatschen... freu mich und muss unbedingt mal wieder nach Forsbach
AntwortenLöschenGrüße von Michaela
Liebe Astrid, was für eine schöne Zusammenfassung!Das Atelierhaus zu besichtigen muss ein Traum sein! Danke für diesen tollen Beitrag! Liebe Grüße, éva
AntwortenLöschenMary Bauermeister - welch eine faszinierende Frau - ich kannte sie bislang nicht. Nun habe ich mich durch die gesetzten Links gelesen. Danke Dir für dafür und überhaupt für die Mühe, die Du Dir mit dieser Reihe machst.
AntwortenLöschenherzlich Judika