Mittwoch, 26. April 2023

Wie geht es eigentlich Raif Badawi?

"Wir bauen unsere eigenen Handschellen, 
die uns fangen und verletzen. 
Wir erschaffen den Mythos, und wir ehren ihn. 
Wir erzählen die Lüge, und wir glauben es.." 


Wer erinnert sich noch? Sieben Jahre habe ich Freitag abends über den saudischen Blogger gepostet, der in Saudi - Arabien zehn Jahre lang wegen seiner religions- & regimkritischen Aussagen eingesperrt war und im Januar 2015 öffentlich ausgepeitscht worden ist. Damals ging ein Aufschrei durch die ( westliche ) Welt und unzählige Organisationen & Initiativen haben sich für ihn eingesetzt. Am 22. März letzten Jahres wurde er dann aus der Haft entlassen...

... und  durfte leider nicht zu seiner in Kanada lebenden Familie ausreisen, denn zu seiner Strafe gehört auch ein Reiseverbot über weitere zehn Jahre. Raif ist inzwischen 39, seine Kinder 19, 18 und 15 Jahre alt. Selbst nach Saudi Arabien zu reisen, um ihn zu sehen, können sie und Raifs Frau Ensaf Haidar nicht. Sie telefonieren miteinander. Die einzige Möglichkeit der Kommunikation, denn Facebook, Twitter oder andere soziale Medien, in denen er seine Meinung öffentlich äußern könnte, darf er weiterhin nicht nutzen. Auch auf der Straße ist es ihm verboten, seine Meinung zu äußern, ansonsten darf er sich aber frei bewegen, ob überwacht oder nicht, wissen wir nicht. 

Laut Ensaf Haidar fühlt er sich unter all den Beeinträchtigungen als freier Mensch. Sie hofft auch weiterhin, dass die Veränderungen in Saudi Arabien eine Lockerung seiner Einschränkungen mit sich bringen wird. Das Land betrachtet sie allerdings nicht mehr als ihre Heimat, denn sie fühlt sich wie ihre Kinder in Québec wohl, wo sie als verantwortungsbewusste, eigenständige Frau leben kann. So lange sie in SA lebte, dachte sie, Freiheit bestünde darin, sich nicht mehr verschleiern zu müssen, Auto fahren oder sich unbegleitet bewegen zu dürfen. Inzwischen, so ihre Aussage, weiß sie das Recht auf Meinungsfreiheit viel höher zu schätzen. Und dafür zu kämpfen, auch für Menschen in Ländern, in denen andere Traditionen gelten und zu denen solche angeblich westlichen Werte nicht passen.

Ich fand, es war mal an der Zeit, an dieses Einzelschicksal zu erinnern. Es ist inzwischen so viel passiert, weltweit wie im ganz Kleinen, Privaten, dass frau/man so vieles aus den Augen verliert, was einen mal sehr beschäftigt hat und einem wichtig war.




12 Kommentare:

  1. Vielen Dank für diesen Bericht. Wieder ein Bericht mehr, der zeigt, wie wertvoll freie Meinungsäußerung ist und wie weit wir von Gerechtigkeit und freiem Leben entfernt sind... in manchen Ländern mehr, in anderen weniger. Und gleichzeitig Hut ab! Unglaublich, wie sehr sich Menschen trotz der widrigen Umstände und drohenden Strafen für das Gute einsetzen.

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  2. Liebe Astrid,
    ich habe damals die Berichte von Dir verfolgt und mich des öfteren schon gefragt was mit und aus Raif Badawi geworden ist.
    Nochmal 10Jahre ohne seine Familie zu sehen.
    Es ist so furchtbar, was wird bleiben wenn man sich endlich wieder in den Armen liegen kann.
    Danke für Dein offenes Herz.
    Käthe

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  3. Als 22-jährige ermahnte ich meine Oma doch die Nachrichten zu verfolgen, um auf dem Laufenden zu sein. Sie war immer interessiert gewesen und das hörte plötzlich auf. Heute denke ich öfter daran, da mir selbst die Katastrophen wie Wellen über dem Kopf zusammen schlagen. Ich pack's nicht mehr!

    Liebe Grüße von Heidrun und Dir alles Gute

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  4. Danke Astrid, dass du an Raif Badawi erinnert hast und deine Stimme für ihn erhebst. Es ist so vieles unerträglich...... und es ändert sich kaum etwas zum Guten.
    Trotz aller Probleme müssen wir uns freuen und dankbar sein, dass wir in einem freien Land zu leben.
    LG Agnes

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  5. Wie gut, dass Du uns Raif Badawi wieder in Erinnerung gerufen hast. Ich habe damals jeden Freitag bei Dir gelesen und kommentiert und sogar nach SA geschrieben. Du hast ein wenig zu seiner Freiheit beigetragen, davon bin ich überzeugt.
    Dass er sich ziemlich frei bewegen darf, bedeutet zwar leider noch nicht, dass er wirklich frei ist. Aber er fühlt sich als freier Mensch. Das macht sein Leben für ihn so viel besser.
    Und vergessen ist er nicht, das merken wir ja heute.
    Herzlichst, Sieglinde

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  6. Gerade gestern habe ich mich gefragt, was aus Raif Badawi geworden ist und heute lese ich Deinen Artikel. Vielen Dank dafür! Liebe Grüße Laura

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  7. Vielen Dank für Deinen Artikel! Ich freue mich sehr darüber! DANKE! Liebe Grüße Luitgard

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  8. Aus gegebenem Anlass: Wenn schon anonyme Kommentare, dann bitte mit Namensnennung unterm Text.

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  9. Liebe Astrid,
    gut, dass du an ihn erinnerst und über sein derzeitiges Leben - wenn auch eingeschränkt - berichtest...danke dafür. Wünschen wir ihn nur das Beste und eine vorzeitige Ausreisemöglichkeit zu seiner Familie.
    Lieben Gruß von Marita

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  10. Liebe Astrid,
    tatsächlich habe ich immer mal wieder darüber nachgedacht, wenn ich hier vorbei kam, was wohl aus ihm geworden ist (leider allerdings nicht so intensiv, dass ich danach geforscht hätte), denn deine regelmäßige Berichterstattung damals hatte mich sowohl interessiert, als auch beeindruckt.
    Ich wusste nicht vom Ende der Inhaftierung.
    Danke, dass du das Thema wieder aufgegriffen hast.
    Claudiagruß

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  11. Es ist eine Veränderung für ihn. Nach der Gefangenschaft in der Zelle mutet die Gefangenschaft innerhalb des Landes, inklusive anderer Restriktionen, trotzdem nach Freiheit an. Diese lebt allerdings seine Familie und ich wünsche ihnen allen zusammenkommen zu können, aber nicht in SA!
    Liebe Grüße,

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  12. es ist schön dass er sich frei fühlt
    und doch ist es eine himmelschreiende Ungerechtigkeit
    seine Kinder sind ohne ihn aufgewachsen..
    sie haben kaum noch Erinnerungen an ihn
    sie haben kaum erfahren was es heißt einen Vater zu haben
    (wenn er richtig frei sein wird hat er vielleicht schon Enkelkinder)
    ob sie sich fremd geworden sind in all den Jahren??
    Alle die hier rum meckern sollten sich immer wieder mal an diese Schicksale erinnern
    und es gibt so viele mehr
    danke für die Erinnerung
    Rosi

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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