Freitag, 20. August 2021

Orientierungskrise

"Vielleicht sollte man das Konzept "In andere Länder einmarschieren und die Menschen zivilisieren" langsam überdenken. Und wenn man trotzdem weiter an diesem Exportschlager glaubt, sollte man Zivilisten nicht erst Hoffnung machen und sie dann Terroristen überlassen", meinte zu Beginn dieser Woche der Kabarettist Abdelkarim.


Mir ist durch die Geschehnisse in den letzten Tagen vergangen, an dieser Stelle dauernd die zivilisatorisch-humanen Zustände in Ländern wie Saudi - Arabien anzuprangern ( obwohl es dafür genug Gründe gibt - siehe weiter unten ), denn das, was westliche Regierungen im Nahen Osten angerichtet haben, ist wahrlich kein Ruhmesblatt, gelinde ausgedrückt.

Diese erneute Niederlage für unsere Vision von Gesellschaft und Zivilisation - obwohl ich nie mit der Art & Weise, wie sie in die Welt getragen wurde, einverstanden war und die oberflächliche Vorgehensweise kritisch betrachtet habe - haben die jüngsten Ereignisse irgendwie auch bei mir eine Orientierungskrise ausgelöst. Ich sehe mich allerdings außerstande, zu diesem Ereignis von meiner häuslichen Couch aus meinen Senf dazu zu geben. Mir geht es nämlich auch so, wie es Micky Beisenherz formuliert hat:

"Wir wissen nichts über Afghanistan. Wir haben keine Ahnung, wie es dort zugeht. Sicher, wir lassen es uns erzählen, erschaudern, sind erschüttert, klagen an. Aber wissen, wissen tun wir: nichts. [... ] Oder kann mir jemand aus dem Stegreif sagen, wie es gerade im Libanon aussieht? Oder im Jemen? Und was machen wir eigentlich in Mali?" 

Was Saudi - Arabien anbelangt, habe ich mich ja nun bereits über Jahre reingehängt. Dazu ist man ja nicht bei jedem Land, jedem Thema in der Lage, zumal es ja noch ganz andere Brennpunkte im wahrsten Sinne des Wortes auf dieser Erde gibt. 

Mit Interesse lese ich zur Zeit solche Berichte, wie den eines jungen afghanischen Autors Taqi Akhlaqi, der derzeit mit seiner Familie in Delhi festsitzt, in der "Süddeutschen Zeitung". Das verschafft mir Einblicke in die ganz individuellen, persönlichen Erfahrungen & Bewertungen. Der junge Mann ist trotz alledem voller Hoffnung und schließt seinen Beitrag ab mit: "Gemeinsam können wir ( die Menschen in Afghanistan, Erg. durch mich ) Frodo Beutlin helfen, den Ring zu zerstören, und die gute Seite retten. Oder?" 


Abschließend doch noch etwas zu Saudi - Arabien: 

Die ESOHR hat sich die Mühe gemacht, einmal aufzulisten, welche Menschen in den letzten elf Jahren während ihrer Haft in einem saudischen Gefängnis zu Tode gekommen sind, größtenteils nach Folter:
















Genauere Informationen über die Haftgründe und die Umstände bzw. der Umgang mit den Angehörigen nach dem Tod sind hier zu finden.

Nicht, dass so etwas bei uns nicht auch vorkommen könnte, so ein Tod in der Haft. Deshalb lasse ich das heute auch mal unkommentiert hier stehen, gebe aber der Hoffnung Ausdruck, dass der Blogger Raif Badawi seine Haft überstehen und doch noch zu seiner Familie ausreisen kann, so lange eine internationale Gemeinschaft über ihn "wacht".





4 Kommentare:

  1. Tja, was soll ich sagen? Recht hast du!
    Magdalena

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  2. Deine Orientierungskrise teile ich. Wir wissen nichts, sehen aber viele Bilder.
    Auf jeden Fall ist es beunruhigend.
    Da fällt es schwer ein schönes Wochenende zu wünschen. Ich tu's trotzdem.
    Herzlichst, Sieglinde

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  3. Mir macht die ganze Situation schon wieder Angst. Ich verstehe zu wenig davon, um sachlich richtig mitreden zu können. Aber ich denke an die Frauen und Kinder, die zu uns kommen. Aber noch mehr denke ich an die , die dort in ihrer Heimat sind und ein Recht auf ein menschenwürdiges Leben leben haben. Und ich denke an die deutschen Mütter, die dort ihren Sohn verloren haben. Rela

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  4. liebe Astrid es fällt schwer, sehr schwer Etwas zu so einem wichtigen Beitrag zu erwidern, du sprichst aus was viele von uns denken während wir uns mit Kommentaren und eigenen Beiträgen "eher zurückhalten" und lieber unterhalten - wobei ich mir immer wieder sage, mich frage: " WARUM" wo doch Weltoffenheit, gesteigertes Interesse an Politik und Zeitgeschehen, freie Meinungsäußerung und eigene Ansichten ohne Gefahr anzuecken, eingesperrt oder geahndet zu werden nicht im Raum stehen.

    Du weißt und siehst auch an einigen KOmmentaren wie sehr doch Deine vielfältig interessanten und klugen zeitgeschichtlichen Themen interessieren und neue Leser finden.
    Ich bin auf jeden Fall froh, dass es eine Seite wie deine im Netz gibt.
    das läßt hoffen dass sich die Kultur noch nicht völlig aus unserem Leben verabschiedet hat und einer wagt auszusprechen was andere nur zu denken wagen.
    das zumindest lese ich aus so einigen KOmmentaren heraus.
    liebe Grüße Angel
    / deine Dame in Rot hatte übrigens heute großen Ausgang..-))

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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