Freitag, 21. Juni 2019

"Lebendiger Zeuge für Macht und Ohnmacht des kritischen Wortes"


... so bezeichnete die Jury der "Initiative Nachrichtenaufklärung" an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln, die den Günter-Wallraff-Preis verleiht, den saudischen Blogger Raif Badawi. Er habe sich in Saudi-Arabien mit seinem Internetportal für Meinungsfreiheit und Gleichberechtigung eingesetzt und die autoritäre Verquickung von Staat, Politik und Religion angesprochen, so die medienkritische Nichtregierungsorganisation.

Die Chefredakteurin des Deutschlandfunks, Birgit Wentzien, hielt die Laudatio bei der Preisverleihung im Rahmen des fünften "Kölner Forums für Journalismuskritik": Der Blogger sei in Saudi-Arabien inhaftiert, weil er nichts weiter getan habe, "als das Recht auf freie Meinungsäußerung für sich in Anspruch zu nehmen."

Raifs Ehefrau Ensaf Haidar, die den Preis stellvertretend entgegen nahm, sagte in ihrer Rede, es sei eine Pflicht, die Freiheit des Denkens und die Menschenrechte zu verteidigen. Günter Wallraff betonte in seinem Beitrag, so sehr Raif Badawi unsere Solidarität brauche, so sehr brauchten wir aber auch seine Stimme. Er sei ein Visionär, dessen Bedeutung über die Kritik am saudischen Gottesstaat hinausreiche. Man ehre nicht nur einen bewundernswerten Menschenrechtler, es gehe auch um ein Zeichen gegen das Vergessen, denn um Raif Badawi sei es zu leise geworden. 

Die Auszeichnung Raif Badawis mit dem Günter-Wallraff-Preis scheint international viel Zustimmung erhalten zu haben: 

Die türkische Schriftstellerin Elif Şafak, die frühere kanadische Botschafterin in Israel, Vivian Bercovici, und US-amerikanische Publizistin und Social-Media-Aktivistin Sharika Soal äußerten in den sozialen Medien ihren Zuspruch ebenso wie der australische Imam Mohamad Tawhidi und die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung.

In Interviews mit dem Deutschlandfunk und dem "Kölner Stadtanzeiger" aus Anlass der Preisverleihung und des 7. Jahrestages der Inhaftierung Raifs erzählte Ensaf Haidar, dass sein psychischer Gesundheitszustand sehr schlecht ist.: 
"Wenn er mit uns telefoniert, versucht er, zuversichtlich zu wirken, fragt vor allem nach den Kindern. Aber natürlich gehen sieben Jahre Haft nicht spurlos an ihm vorbei. Er ist in einer Zelle mit 20 oder 30 Menschen, er sieht nur selten das Sonnenlicht, das Essen ist nicht ausgewogen. Manchmal hat er Hoffnung, manchmal nicht. Wir telefonieren zwei- bis dreimal im Monat für fünf Minuten, aber natürlich werden alle Gespräche überwacht." ( Quelle hier )
Die internationale Solidarität durch Organisationen, Personen aus aller Welt mache sie glücklich und stärke sie, gerade auch, weil es einen symbolischen Rückhalt für Raif bedeutet. "Ab und an erhalten wir eine Ehrung – was sehr wichtig ist, damit der Fall von Raif nicht vergessen wird." Was müsste nach ihrer Ansicht noch passieren? Die Regierungen der internationalen Staatengemeinschaft müssten sich noch stärker für die Meinungsfreiheit einsetzen und für die Befreiung ihres Mannes, schließlich sei der kein Krimineller, sondern jemand, der die natürlichen Rechte der Menschen einfordert. Auch seien viele seiner Forderungen von damals, darunter auch die Einschränkung der Religionspolizei, inzwischen ja in Saudi - Arabien umgesetzt und sie frage sich, warum er dennoch in Haft bleibe:
"Ich hoffe auf eine Liberalisierung in Saudi Arabien, und glaube an die Solidarität. Ich glaube sogar, dass wir Raif früher wiedersehen werden, ich glaube fest daran, das sagt mir mein Gefühl."
Wo nimmt diese zarte Person so viel Kraft her?





5 Kommentare:

  1. Sehr wichtig finde ich den Satz von Wallraff, dass auch wir Raif Badawis Stimme brauchen und nicht nur er unsere Unterstützung.
    "....so sehr Raif Badawi unsere Solidarität brauche, so sehr brauchten wir aber auch seine Stimme..."
    Das ist m.E. ein Satz, der Kraft gibt für seine Frau und für Raif Badawi und der uns mit einbezieht. Denn so ist er nicht nur das Opfer, sondern auch eine wichtige und lebendige Persönlichkeit, die etwas zu geben und zu sagen hat.
    Nicht umsonst ist er eingesperrt. Er macht den Mächtigen Angst.

    Danke, dass Du es nicht - zu - leise um werden lässt!
    LG Sieglinde

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  2. Wie gut... Und dennoch, wie furchtbar das alles, diese Ohnmachtsgefühle... Dass seine Frau so hoffen kann, ist eine unglaubliche Stärke. Lieben Gruß Ghislana

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  3. Ach, ich wünschte es gäbe ausser den wichtigen Ehrungen, Mahnwachen und Erinnerungen auch Regierungen, die mal richtige Konsequenzen bezüglich Handel und politischen Beziehungen ziehen würden.
    Was für eine tapfere Frau...
    Liebe Grüße
    Andrea

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  4. Nein, man kann es sich nicht vorstellen, was es bedeutet 7 Jahre inhaftiert zu sein!Ich sehe die Aufmerksamkeit außerhalb, aber eine Wirkung scheint das alles leider nicht zu erzielen.
    VG Karen

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  5. solch ein Preis ist gut gegen das Vergessen
    es ist sehr schlimm dass er immer noch in Haft ist

    seine Frau ist mutig und stark
    auch wenn sie ihre schwachen Momente die sie sicher auch hat nicht zeigt

    liebe Grüße
    Rosi

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