Da wird gerade vier Tage vorher der 70jährige Geburtstag unseres Grundgesetzes gefeiert, mit vielen Lobreden und überhaupt.
Dann gibt es eine Wahl, mit vielen Überraschungen, angenehmen wie unangenehmen. Letztere besonders für zwei Parteien, die noch immer das Etikett "Volkspartei" und die Regierungsverantwortung tragen. Und darauf reagiert die eine Parteivorsitzende, statt in sich zu gehen und die vielfältigen Regierungsversagen zu analysieren, am Montag derart unsouverän und attackiert stattdessen die im Internet bei YouTube veröffentlichte Meinung eines jungen Mitbürgers, die zwölf Millionen Zuschauer und die Unterstützung weiterer YouTuber gefunden hat, folgendermaßen:
Wie sieht es hingegen mit dem demokratischen Grundverständnis der neuen Vorsitzenden aus? Alleine der Gebrauch des Wortes "Meinungsmache" zeigt, was sie von den politischen Äußerungen des Volkssouveräns hält. Mit einer solchen Wortwahl spricht sie uns nämlich ab, uns unseren eigenen Kopf machen zu können. Den bestimmen eben nicht die Parteien nach ihrem Gusto, das ist auch nicht ihr alleiniges Recht:
Das Ergebnis der Europawahl spiegelt wieder, in welche Richtung die Parteien unsere Willensbildung gedeut haben, und zwar durch ihre Unterlassungen: Obwohl es bei der Pariser Klimakonferenz 2015 versprochen worden ist, drücken sich die Regierenden vor der Umsetzung des Vereinbarten. Ihre bisherige, gegen die Bürger und die Umwelt gerichtete Klientelpolitik zu ändern, ist mühselig, die Meinungsbekundungen vor einer Wahl als "Shitstorm" zu verunglimpfen hingegen ist eine einfache Übung.
Merkwürdigerweise wurden seit Jahren rechtspopulistische Diskursverschiebungen, bisweilen gar rechtsnationale Hetze, toleriert und nur unzulängliche Regeln für den sprachlichen Umgang miteinander durchgesetzt. Jetzt kommt die Kritik mal aus einer ganz anderen Ecke, nämlich von den jungen Wählern, die ihre Zukunft gefährdet sehen, und schon ist der Nerv getroffen und der jugendliche Versuch politischer Mitgestaltung wird sofort diskreditiert. Man hätte sich doch auch bewegen und die Realitätsverweigerung bezüglich der Klimakatastrophe aufgeben können, um bei den jungen Leuten zu punkten ( und nicht nur denen! ). Die gehen in eine Richtung, weil sie von ihr überzeugt sind und sich von Wissenschaftlern in aller Welt bestätigt fühlen. Eine Regierungspartei, die davor die Augen verschließt, läuft Gefahr, die Menschen weiter zu verprellen.
Es wäre besser gewesen, AKK hätte sich mit ihren Beratern zur Klausur in ein Kloster zurückgezogen und erst einmal geschwiegen, um sich dann einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit gewisser Demut zu stellen. Stattdessen stellt frau sich nach dieser Wahl als Opfer von "Meinungsmache" da, wohl hoffend, dass niemand merkt, dass die inhaltliche Kritik weiterhin negiert wird.
Mir geht es in diesem Post ab er erst einmal vorrangig um das Recht auf freie Meinungsäußerung, habe ich doch diese freitäglichen Beiträge angefangen, weil die in vielen Ländern unserer Erde nicht gegeben ist. Da kann ich mich nur freuen, wie das hierzulande abläuft:
In der Türkei ist ein Kolumnist einer Zeitung vor seiner Wohnung von drei Männern zusammen geschlagen worden, nachdem er ein Video zum drohenden wirtschaftlichen Kollaps der Türkei veröffentlicht hat. Nicht der einzige Fall: In den vergangenen drei Wochen wurden fünf Journalisten von Angreifern so verletzt, dass ein Krankenhausaufenthalt notwendig wurde. Ein Journalist in der südlichen Provinz Adnan wurde beim Verlassen seiner Wohnung vor einer Woche zwei Mal ins Bein geschossen, einer wurde nach der Teilnahme an einer Talkshow im Fernsehen zur Regierungskorruption mit Baseballschlägern verprügelt, ein Investigativjournalist in Antalya schwer am Kopf verletzt. Ein weiterer, der in seiner Zeitung eine Artikelserie über die kostenlose Vergabe von Grundstücken an AKP-Anhänger durch die AKP- Verwaltung des Bezirks Aksu publiziert hatte, erlitt durch drei vermummte Angreifer schwerste Verletzungen. In den meisten Fällen sind die Angreifer ermittelt, aber auch sofort wieder auf freien Fuss gesetzt worden. Nach wie vor sind mehr als 150 Journalisten in der Türkei in Haft.
Solche Verhältnisse möchte ich in meinem Land nicht haben und gestehe selbst denjenigen das Recht auf freie Meinungsäußerung zu, die lieber die Verhältnisse in eine solche Richtung bei uns ändern würden. Die vielbeschworene "rote Linie" setzt Recht & Gesetz. Beleidigung, Verleumdung und Volksverhetzung sind eben nicht durch Artikel 5 des Grundgesetzes abgedeckt. Da wünschte ich mir dann doch eher eine energische Reaktion. Aber bei einem Video wie das von Rezo doch nicht...
"Was wäre eigentlich in diesem Land los, wenn eine Reihe von, sagen wir mal, 70 Zeitungsredaktionen zwei Tage vor der Wahl erklärt hätten, wir machen einen gemeinsamen Aufruf: Wählt bitte nicht CDU und SPD. Das wäre klare Meinungsmache vor der Wahl gewesen. Und ich glaube, es hätte 'ne muntere Diskussion in diesem Land ausgelöst. Und die Frage stellt sich schon mit Blick auf das Thema Meinungsmache, was sind eigentlich Regeln aus dem analogen Bereich und welche Regeln gelten eigentlich für den digitalen Bereich, ja oder nein. Das ist eine sehr grundlegende Frage, über die wir uns unterhalten werden, und zwar nicht nur wir in der CDU und mit der CDU, sondern, ich bin mir ganz sicher, in der gesamten medienpolitischen und auch demokratietheoretischen Diskussion der nächsten Zeit wird das eine Rolle spielen. Und deswegen werden wir diese Diskussion auch sehr offensiv angehen."Man führe sich mal vor Augen, dass die regierende Kanzlerin nicht einmal auf den 2015 bei einer P*gida-Demonstration mitgeführten Galgen mit dem Zettel "Reserviert - Angela 'Mutti' Merkel" an einem Strick geklagt hat ( und gegen die Miniversion auch nicht ). Das war ja wohl ein ganz anderes Kaliber..
Wie sieht es hingegen mit dem demokratischen Grundverständnis der neuen Vorsitzenden aus? Alleine der Gebrauch des Wortes "Meinungsmache" zeigt, was sie von den politischen Äußerungen des Volkssouveräns hält. Mit einer solchen Wortwahl spricht sie uns nämlich ab, uns unseren eigenen Kopf machen zu können. Den bestimmen eben nicht die Parteien nach ihrem Gusto, das ist auch nicht ihr alleiniges Recht:
Das Ergebnis der Europawahl spiegelt wieder, in welche Richtung die Parteien unsere Willensbildung gedeut haben, und zwar durch ihre Unterlassungen: Obwohl es bei der Pariser Klimakonferenz 2015 versprochen worden ist, drücken sich die Regierenden vor der Umsetzung des Vereinbarten. Ihre bisherige, gegen die Bürger und die Umwelt gerichtete Klientelpolitik zu ändern, ist mühselig, die Meinungsbekundungen vor einer Wahl als "Shitstorm" zu verunglimpfen hingegen ist eine einfache Übung.
Merkwürdigerweise wurden seit Jahren rechtspopulistische Diskursverschiebungen, bisweilen gar rechtsnationale Hetze, toleriert und nur unzulängliche Regeln für den sprachlichen Umgang miteinander durchgesetzt. Jetzt kommt die Kritik mal aus einer ganz anderen Ecke, nämlich von den jungen Wählern, die ihre Zukunft gefährdet sehen, und schon ist der Nerv getroffen und der jugendliche Versuch politischer Mitgestaltung wird sofort diskreditiert. Man hätte sich doch auch bewegen und die Realitätsverweigerung bezüglich der Klimakatastrophe aufgeben können, um bei den jungen Leuten zu punkten ( und nicht nur denen! ). Die gehen in eine Richtung, weil sie von ihr überzeugt sind und sich von Wissenschaftlern in aller Welt bestätigt fühlen. Eine Regierungspartei, die davor die Augen verschließt, läuft Gefahr, die Menschen weiter zu verprellen.
Es wäre besser gewesen, AKK hätte sich mit ihren Beratern zur Klausur in ein Kloster zurückgezogen und erst einmal geschwiegen, um sich dann einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit gewisser Demut zu stellen. Stattdessen stellt frau sich nach dieser Wahl als Opfer von "Meinungsmache" da, wohl hoffend, dass niemand merkt, dass die inhaltliche Kritik weiterhin negiert wird.
Mir geht es in diesem Post ab er erst einmal vorrangig um das Recht auf freie Meinungsäußerung, habe ich doch diese freitäglichen Beiträge angefangen, weil die in vielen Ländern unserer Erde nicht gegeben ist. Da kann ich mich nur freuen, wie das hierzulande abläuft:
In der Türkei ist ein Kolumnist einer Zeitung vor seiner Wohnung von drei Männern zusammen geschlagen worden, nachdem er ein Video zum drohenden wirtschaftlichen Kollaps der Türkei veröffentlicht hat. Nicht der einzige Fall: In den vergangenen drei Wochen wurden fünf Journalisten von Angreifern so verletzt, dass ein Krankenhausaufenthalt notwendig wurde. Ein Journalist in der südlichen Provinz Adnan wurde beim Verlassen seiner Wohnung vor einer Woche zwei Mal ins Bein geschossen, einer wurde nach der Teilnahme an einer Talkshow im Fernsehen zur Regierungskorruption mit Baseballschlägern verprügelt, ein Investigativjournalist in Antalya schwer am Kopf verletzt. Ein weiterer, der in seiner Zeitung eine Artikelserie über die kostenlose Vergabe von Grundstücken an AKP-Anhänger durch die AKP- Verwaltung des Bezirks Aksu publiziert hatte, erlitt durch drei vermummte Angreifer schwerste Verletzungen. In den meisten Fällen sind die Angreifer ermittelt, aber auch sofort wieder auf freien Fuss gesetzt worden. Nach wie vor sind mehr als 150 Journalisten in der Türkei in Haft.
Solche Verhältnisse möchte ich in meinem Land nicht haben und gestehe selbst denjenigen das Recht auf freie Meinungsäußerung zu, die lieber die Verhältnisse in eine solche Richtung bei uns ändern würden. Die vielbeschworene "rote Linie" setzt Recht & Gesetz. Beleidigung, Verleumdung und Volksverhetzung sind eben nicht durch Artikel 5 des Grundgesetzes abgedeckt. Da wünschte ich mir dann doch eher eine energische Reaktion. Aber bei einem Video wie das von Rezo doch nicht...
Liebe/lieber Unknown,
AntwortenLöschenich würde deinen Kommentar gerne veröffentlichen, aber meine Bedingung steht überm Kommentarfeld: Namensnennung!
LG
Danke!
LöschenSchön , mal wieder von Ihnen zu hören & liebe Grüße!
Liebe Astrid- wie sehr du das wieder auf den Punkt bringst! Da fällt mir nur fassungslos ein: „auf dem rechten Auge blind“ gepaart mit unfassbarer Realitätsverweigerung. Schlimm.
AntwortenLöschenEin gutes und respektvolles Beschwerdemanagement (wie das Erhalten von Feedback) ist eines der wichtigsten Instrumente - nicht nur im Geschäftsleben. Man erfährt in einer Beschwerde, wie zutreffend sie auch immer sein mag, immer etwas über sich und kann daraus resultierend etwas verbessern oder lernen.
AntwortenLöschenBesonders auch wenn junge Menschen Kritik üben, sollten wir Älteren hinhören. Solch ein ganz anderer Blick hilft den eigenen Blickwinkel zu erweitern.
AKK wird diese Erweiterung noch brauchen.
Respektlose und hasserfüllte Beleidigungen wie die Sache mit dem Galgen für unsere Bundeskanzlerin damals jedoch gehören für mich angezeigt. Hier müssen die Grenzen der Meinungsfreiheit deutlich werden.
LG Sieglinde
Schwierig. Ich trete nicht an, um Frau Karrenbauer zu verteidigen. Sie vertritt die Partei, die ich nie wählen würde. Und dennoch geriet die Diskussion um die Art und Weise, in der sie sich zum Rezo - Video geäußert hat, in meinen Augen total aus den Fugen.
AntwortenLöschenIch glaube nämlich nicht, dass wir ihr Statement auf die Infragestellung der Meinungsfreiheit reduzieren sollten. Dass ein Defizit bei Fragen der Funktion und Wirkungsweise des Internets vorliegt, ist nun ganz offensichtlich und eigentlich keine Überraschung. Ja und? Ist es so schlimm, wenn die Lernkurve vieler Menschen nicht so steil ist, wie die Gurus es sich vorgestellt haben?
Ich habe kürzlich einen Beitrag über Jugendliche gesehen (Oberstufenklasse), die von Medienkompetenz durch die Bank (es waren über 30!) keine Ahnung hatten. Ich fand das erschreckend und natürlich weiß ich, dass das nicht repräsentativ ist. Ebenso wenig übrigens wie AKK's Unkenntnis der Wirkungsweise solcher "Einlassungen". Man könnte auch sagen, die Frau ist neu im Geschäft und muss noch etwas lernen. Oder wir sagen: als Vorsitzende einer so großen Partei muss sie alles wissen, alles können und darf keinesfalls solche Fehler machen. Wollen wir sowas?
Ich habe mir viele Gedanken über die Ereignisse der letzen Wochen gemacht und bin immer noch voll dabei. Mich frustriert und befremdet, wie schnell wir uns doch ins Bockshorn jagen lassen. Heute las ich im Freitag, dass die Grünen nicht radikal genug bei ihren Vorstellung zur Transformation unserer Gesellschaft vorgingen. Damit sind die Maßnahmen (Bewusstseinsänderungen) gemeint, die zur Bewältigung der beim Klimawandel zu verzeichnenden Defizite nötig sind. Soll heißen: Der Preis für diese Transformation ist hoch - für uns alle. Unsere Gesellschaften würden grundlegende Veränderungen erfahren. Die Begründung liegt in der bis hierin vertanen Zeit. Ich frage mich, ob irgendeine Partei (Regime) überhaupt stark genug sein wird, solche Veränderungen ernsthaft herbeizuführen.
du hast mal wieder alles ausgedrückt, was mir so im kopf herumschwirrt. war es nicht schon immer so, dass die meisten politikerInnen immer die schuld bei anderen suchen und nicht bei sich selbst? wenn dann allerdings solche haarsträubenden äußerungen wie bei frau akk herauskommen fragt man sich besonders, wo das demokratieverständnis der sog volksparteien geblieben ist.
AntwortenLöschenliebe grüße
mano