Montag, 3. Dezember 2018

#darumfrieden


Das ist ein Foto des letzten Weihnachtsbaumes meiner damals fünfzehnjährigen Mutter in ihrer Heimatstadt. Seitlich links ist am Fenster noch die Verdunklung gegen die Bombenangriffe zu erkennen. Es ist eines der wenigen Fotos, die meine Mutter und meine Oma 1945 auf den Weg gen Westen mitgenommen haben, zusammen mit einem bisschen Baumschmuck: eine Windmühle aus Goldglitterkarton, dünne Eiszapfen aus Glas und ein silbernes Vögelchen aus eben diesem Material. Drei Jahre waren die Beiden unterwegs, immer von hier nach da verschoben, von Lager zu Lager ( und ab und an einem Privatquartier ), oft sehr krank und noch mehr hoffnungslos, bis sie 1948 einem Dorf in der tiefsten nordbadischen Provinz zugewiesen und bei einer Bauernfamilien in deren gute Stube einquartiert wurden.

In der ersten Eineinhalb-Zimmerwohnung, die ihnen - mein Großvater war inzwischen zu ihnen gestoßen - später zugeteilt worden war, bin ich geboren worden. Mir ist oft, als habe ich diese Erfahrungen in meinen Genen. Sicher weiß ich, dass in diesem familiären Umfeld - dazu gehörte mein Vater, 21 Jahre alt, als er aus russischer Gefangenschaft fliehen konnte, zwei Tanten, die ihre Männer und ein Cousin und eine Cousine, die ihren Vater verloren hatten - der Krieg ein ständiges Thema war. Damals, dem Vorschulkind, erschien der als ein gewaltiges Naturereignis, das ungerechtfertigterweise über diese von mir so geliebten Menschen hereingebrochen war und sie mit manchem Kummer & Schmerz zurückgelassen hat, ja meiner Mutter gar einen Schulabschluss verwehrt und meinen Großeltern den Verlust all ihrer Habe eingebracht hatte.

Ich konnte schon gut lesen, als mir ein Illustriertenartikel in die Hände fiel, der mit dem Mythos des Naturereignisses gründlich aufräumte und mir bewusst machte, in was für ein Land ich hineingeboren war. Höchstwahrscheinlich schuf er die ersten Grundlagen für meine pazifistische Grundhaltung.

Später habe ich von meinem Vater von meinem Großvater und seinem Vermächtnis erfahren: Der hatte als siebenfacher Vater von 46 Jahren die Hölle von Verdun überlebt und nach diesen Erfahrungen Frieden & Freundschaft zwischen den Menschen der verschiedenen Völker, besonders zwischen Deutschland & Frankreich, als das Wichtigste überhaupt angesehen ( den 2. Weltkrieg musste er nicht mehr miterleben, weil er davor schon verstorben ist ). Diesen Auftrag habe ich angenommen. Und angesichts der Traurigkeit meiner Erwachsenen auch eine Einstellung, dass man jeden Konflikt durch Reden, durch Klären, durch Diplomatie lösen sollte, nie mit Gewalt. Die Zeit des Kalten Krieges mit seiner atomaren Bedrohung hat mir viele Alpträume beschert und mich Kraft gekostet, statt mir eine unbeschwerte Jugendzeit zu verschaffen.

Ich könnte natürlich auch an dieser Stelle wohl fundiertes Wissen ausbreiten, habe ich doch Geschichte studiert und einer meiner Studienschwerpunkte betraf die Zeit vor und während des ersten Weltkrieges. Aber als Antwort auf die Frage "Warum Frieden?" finde ich die in mein Herz & Hirn eingebrannten Erinnerungen und Erfahrungen mit den mir nächsten Menschen einfach viel authentischer und schlagkräftiger.

Meine Wurzeln habe ich in einem Land mit viel, oft auch dunkler Vergangenheit. Und die des Zweiten Weltkrieges mit seinen Folgen - damals starben fünfzig Millionen Menschen und mussten um die zwölf Millionen in Deutschland bzw. Europa nach einer neuen Heimat suchen - prägt mich am stärksten. Gelernt habe ich, als ich älter wurde, dass diese humanitäre Krise unglaublichen Ausmaßes Folge einer kriegerischen Auseinandersetzung gewesen ist, vom Zaune gebrochen, weil ein Volk, nämlich das meine, sich den anderen haushoch überlegen fühlte bzw. auf Rache sann.

Friede ist mir das höchste Gut, dass ich in den siebenundsechzig Jahres meines Lebens erfahren habe. Mir war es in diesen Friedenszeiten möglich, mich in beruflicher wie menschlicher Hinsicht zu entwickeln & zu entfalten, meine Kinder & Kindeskinder ohne Angst & Not großzuziehen, Menschen aus anderen Ländern freundlich & offen zu begegnen und zu versuchen, denen etwas zu geben, für die etwas zu tun, die dieses Glück nicht hatten. In meinen Augen ist das ein Leben, wie es dem Menschen und seinen Möglichkeiten gemäß ist, und ein solches Leben zu leben, steht ausnahmslos allen Menschen zu. Für dieses Ziel schlägt mein leidenschaftliches Herz. Deshalb war es mir auch nichts anderes als eine Herzensangelegenheit, als ich vom Weltfriedensdienst angesprochen wurde, ob ich bei dieser vorweihnachtlichen Blogparade mitmache.

Ich wünschte mir, dass diejenigen, denen der Spruch von unserer ach so christlichen Leitkultur so locker - leicht über die Lippen geht, sich die Botschaft der Nacht von Bethlehem noch einmal gründlicher zu Gemüte führten, die da sagt:
Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach: Verherrlicht ist Gott in der Höhe / und auf Erden ist Friede / bei den Menschen seiner Gnade. ( Lukas 2,1-20 )
Mein Weihnachtswunsch für alle, damit sie ihr Leben als Mensch vollenden können...





31 Kommentare:

  1. Liebe Astrid, wissen würden wir noch viel (obwohl es auch da schon bei einigen Leuten zu happern scheint...) aber wie Du erzählst, denke ich, sollte das Überlieferte, das (mit-)Gefühl, die Familiengeschichte eigentlich alle Menschen abhalten, je wieder in eine solche Richtung zu steuern!
    Ich bin noch etwas jünger, meine Eltern sind erst knapp nach dem 2. Weltkrieg geboren - und erst noch in der zumeist sicheren Schweiz.
    Wie sie mir als kleines Mädchen die Verdunkelungsvorhänge und die Rationierungsmarken für Essen, welche meine Grossmutter noch immer aufgehoben hatte, gezeigt und erklärt haben, wird mir wohl für immer in Erinnerung bleiben. Wie konnte dieses Gefühl von "so etwas darf nie mehr passieren" innerhalb von 1,2,3 Generationen so verlorengehen?
    Ja, Frieden wünsche ich mir auch. Hier, wie auch in allen anderen Regionen der Welt, welche uns teilweise auch heute noch vor Augen führen würden, wo Krieg hinführt - aber auch da sind so viele blind und Empatielos.
    Liebe Grüsse, Miuh

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  2. Danke, liebe Astrid!
    Wir haben einen Schatz in unserem Leben: Keinen Krieg erlebt haben zu müssen.
    Unsere Eltern und Großeltern haben uns geprägt mit ihren Verlust-, Schuld-, Kriegserfahrungen.
    Du hast das und die Aufgabe, die uns daraus erwächst, auf den Punkt gebracht.
    Sei herzlichst gegrüßt von
    Lisa

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  3. Liebe Astrid, deine Geschichte und die deiner Familie sowie deine Worte gehen mir sehr nah. Gerade meine Generation weiß oftmals nicht um dieses höchste Gut des Friedens. Umso wichtiger sind Erinnerungen und ERzählungen und das Bewusstsein, dass es kaum jemand so gut derzeit hat wie wir. Danke für deinen Beitrag und Worte, für deine Ermahnung und die Stille, die dies in mir auslöst. Danke!
    LG. Susanne

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  4. Liebe Astrid, deine Worte haben mir gerade Gänsehaut beschert. Grüße von Rela

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  5. Danke für deinen berührenden Beitrag, liebe Astrid....meine Eltern haben als Kinder den Krieg erlebt und ja, ich kann mich glücklich schätzen in Zeiten des Friedens aufgewachsen zu sein. Ich befürchte nur, dass meine Generation diese Wertschätzung für ein friedliches Miteinander nicht ausreichend weitergeben kann, umso wichtiger sind solche Erinnerungen wie deine an das höchste Gut.
    Ich wünsche dir eine feine Adventswoche - lieben Gruß, Marita

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  6. Guten Morgen und Danke für das Mitteilen eines doch so privaten Teils Deiner Geschichte. Und ich kann auch nur zustimmen, wir dürfen nicht vergessen oder schön reden! Allerdings stelle ich fest, dass die Erfahrung viele Menschen oft vor dem Dickschädel des Menschen, dem es gut geht, abprallt. Aber da gillt die Devise, nicht aufgeben. Unsere Kinder haben jedenfalls schon viel von ihren Grosseltern mit auf den Weg bekommen, die aus eigener Erfahrung berichteten und Fotos zeigen, so wie wir es auch schon von ihnen gelernt haben.
    Liebe Grüsse
    Nina

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  7. liebe astrid, dein post lässt mich nachdenklich werden. ich hatte bisher das grosse glück, nie einen krieg am eigenen leib erfahren zu müssen. in der schweiz sind wir ja weitgehend 'verschont' geblieben. das hat uns leider nicht zu einer friedliebenderen gesellschaft gemacht!
    ich habe in einem beruf und in letzter zeit auch immer mehr im privaten kreis oft mit menschen zu tun, die an unserer welt verzweifeln. die meinen, mit dem druck, den anforderungen, welche dieses moderne leben stellen nicht mehr umgehen zu können. meist sind es menschen, welche auch (zu) hohe ansprüche an sich selbst stellen.
    daneben gibt es auch viele, die gemeinschaft nie gelernt haben, die nur an sich selber denken können, die im dauernden konflikt mit ihrer umwelt leben.
    so unterschiedlich sich die 'symptome' zeigen, so stehen doch in der regel geschichten und muster dahinter, die generationen zurück gehen. vernachlässigung, überbehütung, physische und psychische gewalt, lieblosigkeit, machtmissbrauch, armut...
    wie sollen wir den frieden leben in einer welt mit so viel unfrieden? wie sollen wir den frieden leben, solange wir ihn in uns selber nicht gefunden haben?
    ach, liebe astrid, im moment frage ich mich, wo das alles noch hinführen wird...
    trotzdem danke! für dein erinnern, dein ermahnen!
    ♥♥♥ monika


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  8. Danke! Wir merken in den letzten Wochen, dass wir Eltern mit unseren Kindern darüber reden müssen. Zwar sind wir in den 60er und 70er Jahren geboren, aber für unsere Kinder, geboren im 21. Jahrhundert, ist der 2. Weltkrieg so weit weg. Da gilt es drüber zu reden und ihnen den Frieden an und ins Herz zu legen. Danke für Dein weihnachtliches biblisches und friedbringendes Wort!
    Liebe Grüße
    Ines

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  9. Was für eine Familiengeschichte und wie hast Du sie anschaulich beschrieben. Die dreijährige Flucht Deiner Mutter mit Großmutter, man kann sich das ja gar nicht wirklich vorstellen. (So wie man sich das Elend der heutigen Flüchtlinge ja auch auch nicht wirklich vorstellen kann, wenn man in unserem friedlichen Land aufgewachsen ist.)
    Und dann immer mit dem zerbrechlichen Christbaumschmuck im Gepäck, was er wohl für sie alles bedeutet hat und wie wertvoll er war?
    Kriegstraumatisiert waren sie sicher und auch wir die nachfolgende Generation haben genug davon eingesogen und die Erkenntnis, dass es kein Naturereignis war, musste ich auch früh machen.
    Dass die Weihnachtsbotschaft eine Sehnsuchtsbotschaft ist, macht sie so stark. Leider ging ja die Weihnachtsgeschichte mit Herodes dann ganz schnell in eine andere Richtung...
    Aber Frieden auf Erden, diesen Wunsch teile ich sehr und es sind wir Menschen, die etwas dafür tun müssen.
    GlG Sieglinde

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  10. Berührt von deiner Schilderung wird mir bewusst, wie wenig Substanzielles ich eigentlich von den Kriegserfahrungen meiner Eltern weiß. Da war immer eine Hemmschwelle, von uns tiefer zu fragen. Aber aus ihnen waren auch überzeugte Pazifisten geworden und das hat auch mich geprägt. Wenn ich darüber nachdenke, wie viele Kinder eine Kriegskindheit haben, wird mir schwer ums Herz. Danke für deine so persönliche Erzählung. Mit lieben Grüßen Ghislana

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  11. Liebe Astrid, dein Text spricht mir aus der Seele. Wir sind praktisch die erste Generation, die bisher von einem dirketen Krieg in unserer Lebensumwelt verschont wurde. Ich habe mit meinen Eltern und meiner Großmutter sehr oft, schon als kleineres Kind, über den Krieg und das Leiden gesprochen. Und dieses Sprechen hat von klein auf in mir immer mehr den Willen bestärkt, dass nichts so schlimm sein könnte, dass man es mit Waffengewalt lösen müsste. Mein Mann hat als kleines Kind den Krieg erlebt, mit Tieffliegern über seinem Kopf, mit explodierenden Bomben in der Nähe, mit Leben in der Scheune....Er sagt, dass er heute noch davon träumt. Vielleicht müssten die letzten, die das erlebt haben, öfter darüber sprechen, gerade mit den jungen Menschen, die den Frieden als gegeben hinnehmen und nicht weiter darüber nachdenken oder gesinnt sind, ihn leichtfertig zu verspielen. Es macht mir das Herz so schwer, was um uns passiert. Und nichts, nichts davon lässt sich mit Gewalt lösen, gar nichts. Herzlich Sunni

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  12. Danke liebe Astrid für Deine berührenden Worte. Ich hoffe, meine Eltern konnten diesen Friedensgedanken weitergeben: von meinem mehr als 20 Cousinen und Cousins sind fast die Hälfte mit Franzosen, Engländern, Deutschen, Österreichern, Ungarn, Amerikanern und noch mehr verheiratet. Hoffe sehr, daß auch wir den Friedensgedanken weitergeben können. Danke nochmals
    Christiane

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  13. Liebe Astrid,
    schön wie du das geschrieben hast, danke. Es darf nie vergessen gehen, dass Konflikte ohne Gewalt gelöst werden sollten.
    Bei mir im Wohnzimmer hängen die Verdunklungsvorhänge, welche ich abänderte und mit bunten gestickten Bildern verzierte. Sie verschönern so eine hässliche Möbelrückwand. - Mahlzeitencoupons habe ich noch einige und meine Kinder staunten, als ich ihnen erklärte, dass man so Essen konnte; aber bezahlen musste man es auch noch. Wahrscheinlich der Grund, wieso wir von denen so viele Resten haben.
    Einer meiner Vorfahren liess sich nicht in der Schweiz einbürgern; er kam in Verdun um.
    Dir einen angenehmen Wochenstart und
    liebe Grüsse
    Eda

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  14. Ein herzliches Dankeschön, liebe Astrid!
    Das ist der Grund, weswegen ich Schwiegermutters Silberbesteck und Tischwäsche mit Monogramm nicht weggeben kann und alles verwahre.
    Es wurde auf dem Rücken in den Westen gebracht!
    Mein Vater, Jahrgang 1908, war ein großer Erzähler. Vom 15jährigen Enkel angeregt, erzähle ich nun die diversen Geschichten auf “Band“ !!!
    Es ist so wichtig und ich freue mich, dass er das auch so sieht.
    LG Elisabeth

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  15. Danke, liebe Astrid, für Deine immer wieder berührenden Schilderungen, Deine eindringlichen Worte und Dein Einsetzen für Frieden und Gleichheit aller Menschen.
    Ich bewundere Dich schon lange als eine starke, geradlinige Frau, welche in anteilnehmender Sorge, aber noch viel mehr in Liebe ihren Lebensweg geht.

    Herzliche Grüße voller Hochachtung
    Elena

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  16. Das Foto wie auch deine Worte sind zu Herzen gehend!
    Liebe Grüße
    Andrea

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  17. Liebe Astrid, ich schicke Dir jetzt einfach mal eine herzliche Umarmung. Du schreibst ganz nach meinem Herzen. Danke dafür!
    Magdalena

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  18. Liebe Astrid, dem gibt es nichts hinzuzufügen. Ich sitze hier mit etwas feuchten Augen, denn sehr viel von dem was du schreibst kenne ich. Auch meine Mutter musste fliehen..
    Ich wünsche dir eine friedvolle und gesegnete Weihnachtszeit.
    Liebe Grüße
    Birdy

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  19. Liebe Astrid,

    ja ich sitze auch da mit Gänsehaut. Worte die zu Herzen gehen. Frieden würde ich mir auch wünschen.

    Herzliche Grüße
    Kerstin

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  20. Liebe Astrid,
    meine Großelterngeneration hatte Kriegserfahrung - mein Opa hat mir ein bisschen was erzählt, viel habe ich gelesen. Für die Völkerverständigung mache ich mir die Arbeit als Lehrerin internationale Projekte (z.B. über Erasmus+ durchzuführen). Gerade gestern dachte ich noch, als nächstes möchte ich ein Projekt zum Thema Frieden in Europa machen.
    Viele Grüße
    Sandra

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    1. Im Nachhinein kann ich nur sagen: Lasst die Kinder ihre Erwachsenen ausfragen! Das verankert sich mehr im Menschen als alles Wissen! Noch leben die Kriegskinder als Großelterngeneration... Zu mir sind die mit Tränen in den Augen zu einer Ausstellung in die Schule gekommen, wo ich Ausschnitte aus den Interviews der Enkel aufgegangen hatte. "Es hat sich doch nie jemand für uns interessiert", so die Aussagen. Diese Kinder sind ständig gefordert gewesen, alles hinter sich zu lassen. (Aber wenn sie dazu psychisch &physisch in der Lage sind, geben sie alles für ihre Enkel. ) Wir ziehen nur die richtigen Schlüsse aus dem Vergangenen, wenn wir die persönlichen Geschichten in uns tragen. Das ist meine Überzeugung. All der Unterricht zum Holocaust usw., den meine Generation intensivst betrieben hat, was hat er bewirkt? Dass es genug Leute in der Generation gibt, die nichts davon wissen will.
      Mach mal einen Versuch, lass die Kinder forschen. Das tut beiden Seiten gut.
      Kollegiale Grüße!

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  21. Liebe Astrid, danke für diesen sehr schönen und bewegenden Artikel. Was Krieg für den einzelnen bedeutet, welche Traumata, Angst, Lebensgefahr da durchgestanden werden müssen, ist für meine Generation und die meiner Kinder einfach unbegreiflich. Und meine Enkelkinder werden nicht einmal mehr eine Mutter, Oma oder Uroma haben, die ihnen Geschichten aus dieser Zeit erzählen kann.
    LG
    Sabienes

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  22. Ist das tragisch oder schon dramatisch, dass nicht nur einigen von uns, die nie einen Krieg erlebt haben, sondern sogar auch welchen, die ihn sehr wohl erlebt haben, jede Erinnerung bzw. jedes Verständnis daran verloren zu sein scheint, wie grauenhaft Krieg, Vertreibung, Flucht, Verfolgung, Diskriminierung, Fremdheit, Schmerz, Verlust sind, statt dessen der selbstverständlich hingenmmene Frieden auf's Spiel gesetzt wird. Danke für Deine Erinnerungen, die Deiner Familie. Höre grade das Hörspiel Schlachthof 5 oder der Kinderkreuzzug aus Kurt Vonnegut's Roman. Das Grauen. Liebe Grüße den trinkenden Fluss runter. Eva

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  23. Liebe Astrid,
    für mich ist reden auch die einzige Option, wenn es darum geht Konflikte zu lösen. Leider scheint das in unserer Zeit aber nicht mehr selbstverständlich zu sein.
    Für mich gilt ganz klar Voltaires Ausspruch, der gesagt haben soll: "Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, daß Sie sie äußern dürfen."
    Meine Großeltern und auch meine Eltern haben im Krieg ebenfalls alles verloren. Die Einen weil sie in Düren wohnten und die Bomben ihnen alles nahmen und die Anderen weil sie in einem kleinen Dorf wohnten, in dem im ganzen Krieg nur eine einzige Bombe fiel und diese genau auf das Haus, in dem meine Großmutter väterlicherseits lebte. Und genau, in dieser Nacht, als die Bombe fiel, wollte meine Großmutter mit ihrem Sohn, meinem Vater, eigentlich nicht in den Bunker gehen. So hat es mein Vater immer erzählt. Oder auch, wie er als Kind, in Euskirchen selbst einen Bombenangriff überlebte, auch im Bunker, und wie der Bunker immer wackelte, wenn eine Bombe explodierte.
    So etwas muss man nicht erlebt haben oder erleben.

    Ich wünsche Dir noch eine sehr schöne Woche.

    Viele liebe Grüße
    Wolfgan

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  24. Vielen Dank für Deinen persönlichen Beitrag zu diesem Thema. Er hat mich dazu inspiriert auch einen Blogbeitrag zu der Aktion zu schreiben. Vielen Dank, Maren

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  25. Liebe Astrid,
    auch ich könnte sehr viel erzählen und habe auch über meinen Vater und auch Großvater sehr viel erfahren. Mein Onkel Erwin mußte mit 17 Jahren 1942 in den Krieg ziehen und war 10 Jahre in russischer Kriegsgefangenschaft in Sibirien, dieser Mann kam nie wieder zur Ruhe.
    Mein Schwager ein amerikanischer Soldat war im Vietnamkrieg und hat zusammen als Kundschafter mit der sogenannten Libelle Erkundungsflüge gemacht. Er war auch geschädigt.
    Meine Oma und meine Mutten hatten die SS im Krieg auf dem Bauernhof, da könnten wir auch so Geschichten erzählen. Ich denke Jeder hat irgendwo Kriegserlebnisse und auch meine Seniorin hat ihren Vater in Russland verloren.

    Frieden auf Erden, das wird es wohl niemals geben, schau manche Familien an, die sich bekriegen, heute wieder erlebt, wie soll es denn im Großen funktionieren, wenn es im Kleinen nicht stimmt und auch Nachbarn sich nicht verstehen.

    Ja, die Botschaft von von Jesus Christus, machmal frage ich mich auch, was die ganze Nazigesellschaft gemacht hat und dann auch noch Weihnachten gefeiert hat.

    Das ist aber nicht nur der Krieg, das ist die ganze Kirche, in der Kinder mißbraucht werden und dann zu Gott gebetet wird.
    Ich denke und hoffe, dass sie sich alle einmal verantworten müssen.

    Es ist nicht einfach zu verstehen, erklärte mir mal ein Pfarrer auf diese Frage, das sind Dinge zu sind schwer zu verstehen und auf einer höheren Ebene.

    Da habe ich nichts mehr gesagt.

    Dass man die Zivilbevölkerung im Krieg schädigt ist immer so, denn hier kann man am meisten schaden.

    Lieben Gruß Eva

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  26. PS:
    Liebe Astrid,
    Onkel Erwin kam 1955 über das Durchgangslager Friedland zurück.

    Die Geschichte, wie Adenauer Chruschtschow die letzten Kriegsgefangenen "abgeluchst" hat, ist bekannt.

    https://www.youtube.com/watch?v=BaKBPI81jNE
    Lieben Gruß Eva

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  27. dein beitrag hat mich jetzt zum weinen gebracht. mein onkel wurde mit 16 (oder 18?) jahren 1945 noch an die front geschickt und liegt heute auf einem soldatenfriedhof in der nähe von metz. wie oft hat meine oma mit tränen davon erzählt und es nie überwunden. meine großeltern und eltern haben den feuersturm auf kassel in einem bunker überlebt, aber nie viel davon erzählt. es gibt so viele beispiele aus der eigenen familie... das "nie wieder krieg" hat mir mein vater beigebracht und ich hoffe, ich habe es an viele weitergeben können.
    danke für deinen beitrag, liebe astrid.
    herzliche grüße
    mano

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  28. Liebe Astrid,
    was für ein berührender Post.
    Diese Erfahrungen sind wohl noch in vielen Familien verwurzelt. Mein Opa wurde aus Szczecin (Stettin) vertrieben und meine Oma aus den Sudeten. In Neubrandenburg haben sie sich als Umsiedler dann kennengelernt und eine Familie gegründet. Als meine Mama jedoch 3 war ist mein Opa dann doch noch gestorben an den Folgen des Krieges. Meine Oma war dann mit zwei Kindern allein auf der Welt und musste es irgendwie schaffen. Was für starke Frauen das damals waren. Nachts hat sie genäht und am Tag sich um die beiden Kleinen gekümmert. Das Geld war immer knapp.
    Wir können so froh sein, dass wir keinen Krieg kennen und ich möchte auch nie welchen kennenlernen.
    LG Urte

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  29. schön dass du noch einmal daran erinnert hast
    ich wollte eigentlich hier schon geschrieben haben ..

    auch ich bin in als Nachkriegskind geboren worden
    allerdings war Krieg nie ein Thema in unserer Familie
    es gab auch keine Verwandschaft die da hätte erzählen können ..
    meine Oma wohne in der "Zone".. warum und wieso
    da habe ich erst mal nicht weiter nachgefragt
    es war dann allerdings für mich als Kind schon etwas beängstigend wenn wir sie besuchen fuhren ..
    über die Grenze..
    warum eine Grenze .. ist eben so..
    so nach und nach habe ich dann schon etwas mehr verstanden
    auch warum es in unserer neuen Stadt kaputte Häuser gab (kannte ich nicht )
    das war der Krieg.. aber was ist Krieg.. ??
    wir hatten kein Fernsehen
    Nachrichten kamen über das Radio ..
    Atombomben .. Kuba .. 3. Weltkrieg??
    Alle waren irgendwie angespannt
    nur ich nicht .. ich glaubte fest daran dass es keinen gegebn wird

    das wäre doch hirnverbrannt ..alles was gerade aufgebaut wurde wieder kaputt zu machen ..!!
    nein nein.. ich glaubte da fest an den Verstand der Poliitiker (was man als Kind halt so glaubt ;) )
    so nach und nach habe ich dann doch ein paar Fakten der familiären Ereignisse während des Krieges erfahren ..
    das mein Opa Franz nicht mein richtiger Opa war.. der war während der Flucht gestorben
    dass mein Onkel als Panzergrenadier schwer verwundet wurde
    dass meine Verwandten mütterlicherseit alle in Schlesien geblieben waren und ich sie nicht besuchen konnte
    meine Großmutter habe ich nie kennengelernt
    in der neuen Heimat wurde man als "Kartoffelkäfer" bezeichnet
    man war nicht gerne gesehen

    ach ja.. da ließe sich viel erzählen

    nie wieder Krieg
    aber man muss auch etwas dafür tun

    danke für deinen Beitrag

    Rosi

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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