Vormittags
Den grünen Rasen sprengt ein guter Mann.
Der zeigt den Kindern seinen Regenbogen,
Der in dem Strahle auftaucht dann und wann.
Und die Elektrische ist fortgezogen
Der zeigt den Kindern seinen Regenbogen,
Der in dem Strahle auftaucht dann und wann.
Und die Elektrische ist fortgezogen
Und rollt ganz ferne. Und die Sonne knallt
Herunter auf den singenden Asphalt.
Du gehst im Schatten, ernsthaft, für und für.
Die Lindenbäume sind sehr gut zu dir.
Herunter auf den singenden Asphalt.
Du gehst im Schatten, ernsthaft, für und für.
Die Lindenbäume sind sehr gut zu dir.
Im Schatten setzt du dich auf eine Bank;
Die ist schon morsch; – auch du bist etwas krank –
Du tastest heiter, daß ihr nicht ein Bein birst.
Die ist schon morsch; – auch du bist etwas krank –
Du tastest heiter, daß ihr nicht ein Bein birst.
Und fühlst auf deinem Herzen deine Uhr,
Und träumst von einer schimmernden Figur
Und dieses auch: daß du einst nicht mehr sein wirst.
Und träumst von einer schimmernden Figur
Und dieses auch: daß du einst nicht mehr sein wirst.
Irgendwie passt dieses Gedicht zu meinem August in diesem Jahr. Und irgendwie war mir danach, das Augenmerk auf diesen vergessenen Berliner Dichter des literarischen Frühexpressionismus, jener antibürgerlich und antinationalistisch geprägten, sozialkritischen Richtung in der deutschen Literatur des späten Kaiserreichs und der Weimarer Republik, zu richten, zu deren Zentralfiguren er gerechnet wird.
Ernst Blass verlegte zu Beginn des Ersten Weltkrieges eine eigene, literarisch-philosophische Monatszeitschrift und veröffentlichte darin neben eigenen Gedichten Beiträge von Ernst Bloch, Leonard Nelson, Max Scheler, Gustav Radbruch, Walter Benjamin, Franz Werfel, Robert Musil, Rudolf Borchardt u. a.
In der Weimarer Republik war er als Theater- und Filmkritiker für verschiedene Berliner Zeitungen tätig und als Lektor im Paul-Cassirer-Verlag. Doch seine fortschreitenden Tuberkulose des Auges führte 1926 zur Erblindung. Völlig verarmt starb er 1939 in einem jüdischen Krankenhaus an den Folgen seiner lange unerkannt gebliebenen Lungentuberkulose. Keine deutsche Zeitung durfte seinen Tod melden. Und so blieb er auch in deutschen Exilantenkreisen unbeachtet.
Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden seine Dichtungen über das Leben in den großen Städten - ein Thema, das er wohl in die deutsche Lyrik eingeführt hat - keine Beachtung mehr. Interessierte können in diesem Beitrag der "Zeit" von 1956 ein paar weitere Gedichte von Ernst Blass finden. Hier gibt es noch ein paar mehr zu lesen.
Liebe Astrid,
AntwortenLöschenwas für ein wundervolles Gedicht!
Menschenfreundliche melancholisch humorvolle Betrachtung, die mir sehr nahe geht.
Kannte ich nicht und bin nun schon so früh am Tag um einen Schatz reicher.
Danke und heiteres Weitertasten! :-)
Umarmung von Lisa
So ein treffendes Gedicht hast Du gefunden. Wie gut der Dichter beobachtet, sich und andere.
AntwortenLöschenIch kannte ihn bisher überhaupt nicht. Wie schade, dass er so wenig Anerkennung erfahren hat und so armselig sterben musste.
Einige seiner Gedichte habe ich Dank Deiner Hinweise nun gelesen und bin beeindruckt.
Otto Dix hat ja das gemalt, was er dichtet. Seit wir auf der Höri waren, gehen mir die Bilder nach. Wir wollen bald in Stuttgart im Kunstmuseum die Originale sehen. Und nun auch die Gedichte von Ernst Blass dazu lesen.
Danke, dass Du diesen Dichter vorgestellt hast.
Eine gute und weiterhin gesundmachende Woche wünscht Dir herzlichst,
Sieglinde
Deine Beobachtung ist schon richtig: Später hat man seine Dichtungen der "Neuen Sachlichkeit" zugerechnet. - Die Maler auf der Höri habe ich auch ge- & besucht, allerdings auf der Suche nach einem unbekannteren Maler, Ferdinand Macketanz, dessen wunderbare Frau Lucia wir kennen durften. Eine schöne Sammlung der Höri - Malerei hat das Museum in Singen.
LöschenLG
Ach, das ist ja interessant. Nach Öhningen wollten wir sowieso auch radeln, da schauen wir gleich mal nach Ferdinand Macketanz. Ob wir nach Singen kommen, ist eher ungewiss.
LöschenKommt auf das Wetter an.
Herzlichst, Sieglinde
Hallo Astrid,
AntwortenLöschenwas für ein schönes, heiter-melancholisches Gedicht von einem Verfasser, den ich bisher nicht kannte. Danke dafür!
LG Renate D.
Hallo Astrid,
AntwortenLöschenbis gerade kannte ich Ernst Blass nicht und danke dir für die Vorstellung.
Schön das du ihm hier ein wenig der Ehre zuteil werden lässt, die er verdient hat.
Liebe Grüße, Kerstin
Großartig.
AntwortenLöschenLieben Gruß
So schön, Astrid! Schon der Name alleine ist Poesie: Ernst Blass
AntwortenLöschenIch leide seit Wochen an Gedichtentzug, da kommt mir dieses gerade recht :D
Geht es dir schon besser? Nicht, dass du tastend auf morschen Bänken sitzt...
Liebe Grüße,
Veronika
ich kannte Ernst Blass auch nicht, einige seiner <Mitstreiter< schon, wie Franz Werfel oder Ernst Bloch. Ich habe heute einmal ein bisschen < rumgeklickt< und bei Ernst Blass sind mir nur trauriganmutende Gedichtzeilen aufgefallen- die mag ich zur Zeit überhaupt nicht. Lyrik begeistert mich schon , besonders nach Texel mit der großartigen Cornelia Ehses mit ihrer Schreibwerkstatt hat mir gut getan.
AntwortenLöschenDas sein Leben so tragisch und so unbemerkt von Vielen hat er
nicht verdient. Danke für`s Vorstellen und einen Gruß zu dir nach Kölle
heiDE
wie schade wenn ein Lebenswerk so "verschwindet" und nicht mehr beachtet wird
AntwortenLöschenschön dass du dieses Gedicht hervor geholt hast
es passt in dies Übergangszeit vom Sommer in den Herbst
liebe Grüße
Rosi
Mir gefällt das Gedicht von Ernst Blass sehr gut, liebe Astrid und ich glaube, es hat seinen Sinn, warum es dir gerade jetzt begegnet ist.
AntwortenLöschenDanke, dass du uns auch andere Gedichte von ihm vorgestellt hast.
Sein Lebensende war schon mehr als traurig.
Liebe Grüße und dir eine schöne neue Woche
Christa
Mir war der Name Ernst Blass leider auch unbekannt. Wie schnell die Zeit Sand über die Spuren legt. Gut, dass Du sie mal wieder weggepustest hast. Solche Entdeckungen haben ihren Sinn und schenken einem etwas zum Mitnehmen.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Andrea
Ein wunderbares Gedicht, liebe Astrid. Wie es mit ein paar Worten diese Stimmung erfasst Und in ihren Bann zieht. Ein Wortkünstler, der Herr Blass. Danke, dass Du ihn in Erinnerung rufst.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Sabine
Ein schönes Gedicht ist das und dass es hier bei Dir einen Platz gefunden hat, freut mich besonders.
AntwortenLöschenIch hoffe, es geht Dir gut und Du geniesst Deinen Kaffee zuhause und kannst weite Spaziergänge tun..
glg Susanne
Ernst Blass kenn ich nicht. Lyrik kann auf so kurzem Weg so schnell berühren.
AntwortenLöschenSchön, dass du auf diese Weise meinen Horizont wieder mal erweiterst. Das Gedicht berührt. Dir noch gute Genesung! LG Lotta.
AntwortenLöschenErnst Blass war mir leider auch nicht bekannt... welch berührendes Gedicht... Ich kann sehr gut verstehen, dass es dich angesprochen hat. Liebe Astrid, ich hoffe du genießt dein Zuhause<3
AntwortenLöschenLiebste Grüße
Christel
Wie schön - danke für diese Hinweise!
AntwortenLöschenDas Gleiten von Ernsthaftigkeit zu Schalk, von Genuss zu Vergänglichkeit, das ganze Aufzeigen der menschlichen Gedanken und Emotionen gefällt mir sehr!
Liebe Grüße von Lena
Ich danke schön für dieses zärtliche Gedicht. Ich kannt' ihn nicht und werd ihn wieder lesen. Die knacke Hüften soll doch bald genesen. Ganz zart versinkt der Tag im müden Licht. :-) Eva
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