Freitag, 28. April 2017

Von Raif Badawi, Deniz Yücel und dem Hambacher Fest


Ja, was haben die denn schon wieder miteinander zu tun? 

Darauf hat mich ein Beitrag von Ursula Wöll im "Marburger" gebracht, den sie aus Anlass des Tages der Pressefreiheit am kommenden Mittwoch, dem 3. Mai, geschrieben hat. 
"Beide sitzen hinter Gittern, weil sie ihren Journalistenberuf ernst nahmen und nicht nach der Melodie der Herrschenden sangen. An sie und all die namentlich unbekannten KollegInnen in Haft möchte ich zum 3. Mai erinnern", steht da.   
Und weiter: 
"Nicht nur um Badawi, auch um Deniz Yücel droht es langsam still zu werden, ganz zu schweigen von den vielen namenlosen Inhaftierten, die etwas schrieben, was dem Regime missfiel. Öffentlichkeit bedeutet  einen gewissen Schutz für die Eingesperrten. Und vor allem eine psychische Stärkung der Verhafteten in ihrer furchtbaren Situation. Deshalb ist der 3. Mai ein wichtiges Datum, an dem wir uns in unserer kommoden Lage an andere weniger Glückliche erinnern sollten."
Und weiter erzählt sie in dem Artikel darüber, dass eine freie Presse - und damit Meinungs- und Informationsfreiheit - , den Menschen auf dieser Erde nicht immer gegeben war, sie aber notwendig ist, wo individuell sehr unterschiedliche Menschen in einer Gesellschaft zusammenleben. Um diese Freiheit ist einst gekämpft worden, denn lange wurde von den Herrschenden alles schriftlich Verbreitete vorher und nachher zensiert. ( Das kenne ich allerdings auch noch aus meiner Schulzeit, als ich mit einer Freundin eine Zeitung in unserer Schule herausgab, deren Beiträge von der Schulleiterin kontrolliert wurden, obwohl wir nur die christliche Bergpredigt ernst nahmen und umsetzen wollten. )

Doch das Bedürfnis der Menschen, frei reden, schreiben und lesen zu können, war unerschütterlich. Und so "bezwangen über 20.000 Männer und Frauen ihre Angst und zogen zum Hambacher Schloss hinauf. Ihre Hauptforderung war Pressefreiheit."  Dieses "Hambacher Fest" fand vor  185 Jahren statt, am 27. Mai 1832. 

Source: wikipedia
Für unser Land ist die Presse- und Informationsfreiheit seit dem 23. Mai 1949 im Artikel 5 unseres Grundgesetzes festgeschrieben. Auch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen, Artikel 19,  sieht die Pressefreiheit für alle vor.

"A darker and darker map..." betitelt "Reporter ohne Grenzen" diese Karte
in der Mail, die ich von ihnen erhalten habe


Doch immer mehr müssen wir in unseren Tagen mitansehen, dass dieses Recht oft nur auf dem Papier besteht. Darüber informiert jedes Jahr "Reporter ohne Grenzen" mit einem Bericht und bringt einen Bildband "Fotos für die Pressefreiheit" heraus. Dieses Jahr werden darin zwanzig Reporter & Reporterinnen vorgestellt, darunter der mexikanische Fotoreporter Emmanuel Guillen Lozano. Mexiko gilt als eines der gefährlichsten Länder für Journalisten. Den Spitzenplatz nimmt wieder Saudi - Arabien ein. Aber auch die Türkei ist auf dem besten Wege dahin, denn bis jetzt hat Erdogan über 120 Presseleute in Haft nehmen lassen, darunter eben Deniz Yücel:
"Er sitzt seit Wochen in Untersuchungshaft, in der 6-Quadratmeter-Zelle eines Istanbuler Gefängnisses. Yücel ist Korrespondent der WELT und sicherlich frei von Terrorabsichten, die ihm Erdogan vorwirft. Ich möchte nicht in Yücels Haut stecken und noch viel weniger in der Haut der vielen anderen Inhaftierten, die wir namentlich nicht kennen", so noch einmal Ursula Wöll.
Sich einmal in diese Situation hineinzuversetzen, hilft, manche Erscheinungen, manches Geschrei & Getöse im politischen Leben hierzulande geradezu absurd oder aber schlichtweg unverschämt zu finden...




11 Kommentare:

  1. Die Landkarte der Presse-un-freiheit ist erschreckend. Wie schön, dass wir da ein weißer Fleck sind.
    Unser Grundgesetz ist wirklich erstaunlich gelungen. Wie weitblickend die Mütter und Väter dieses Gesetzes waren, überrascht mich immer wieder. Das hat uns fast 70 Jahre ein friedliches und freies Leben gegeben.
    Wie man sieht, ist das keine Selbstverständlichkeit und wir müssen uns einsetzen dafür, dass es so bleibt und Pressefreiheit und Menschenrechte auch anderswo beachtet werden.
    Ich hätte nicht gedacht, dass doppelte Staatsbürgerschaft sich so auswirken könnte wie bei Deniz Yücel.
    Raif Badawi hatte in diesem Sinn von vornherein die falsche im Bezug auf Pressefreiheit. Da ist die Landkarte tiefschwarz. Traurig.

    Gut, dass Du dranbleibst!
    Herzlichst
    Sieglinde

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  2. Ja, das mit der Öffentlichkeit ist wichtig! Gut, dass du immer wieder daran erinnerst.
    Die Yücel-Petition für seine Freilassung hatte ich ja auch schon im Blog verlinkt und natürlich unterschrieben. Wenn man Erdogan dazu hört "Auf keinen Fall, solange ich in diesem Amt bin niemals." soll er nach Deutschland ausgeliefert werden - das macht nicht unbedingt Mut.
    Ich habe erdogansche Zustände 18 Jahre hautnah erlebt - eine Zeit völlig ohne Pressefreiheit - muss ich nie wieder haben.
    Komisch auch, dass Deutschland nur Rang 16 im Ranking belegt....
    Lieben Gruß und schönes Wochenende

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  3. Danke Astrid - deine Stimme ist so nötig! Herzlichst, Sibylle

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  4. Ich hoffe immer noch für Deniz ,dass ihm das Schicksal von Raif Badawi erspart bleibt.Der Herr Erdogan scheint aber Mitmenschlichkeit und Gerechtigkeit und Wahrheit gar nicht mehr zu kennen. Und da brauchen wir Menschen, und du gehst mit bestem Beispiel voran, liebe Astrid, die sich für die Benachteiligten einsetzen. Wie auf dem Hambacher Fest,;- davon hatte ich bisher nicht gehört. Wieder etwas dazu gelernt. Ein sehr interessanter
    Post, mit für mich vielen Inspirationen weiter zu lesen und zu lernen. Fotos für die Pressefreiheit werde ich mir bestellen. Danke und schönes langes, hoffentlich warmes Wochenende
    heiDE

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  5. Liebe Astrid,

    ein sehr schöner Post der zum Nachdenken anregt!
    Ich selbst bin ja in einem Land groß geworden in
    dem es praktische keine Pressefreiheit gab. Es ist
    ein hohes Gut, das allerdings auch oft dafür
    missbraucht wird die Meinung eines ganzen Landes
    zu manipulieren - das ist die Kehrseite der Medallie.
    Die Kraft der Worte ist nicht zu unterschätzen.
    Möge sie immer vielfälligt eingestetzt und breit
    aufgestellt sein!

    Liebe Grüße aus Berlin
    Doreen

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  6. wie war das noch: aus der geschichte lernen!!? die dark map ist erschreckend.
    liebe grüße
    mano

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  7. Angesichts dieser Karte kommt man sich fast wie auf der Insel der Seeligen vor. Es stimmt, es muss immer wieder an diese inhaftierten Journalisten erinnert werden!!
    Liebe Grüße
    Andrea

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  8. Wünsche mir, dass den Gefangenen Gerechtigkeit widerfährt, aber bei solchen selbstherrlichen Machthabern ist die Hoffnung bei mir eher gering.
    Hab Dank, dass du dich trotzdem immer für Menschlichkeit und Gerechigkeit einsetzen tust, damit dürfen wir auch niemals nachlassen!

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  9. Ich fürchte leider auch, dass das Vergessen um sich greift. Am meisten ärgert mich die Schamlosigkeit dieser Machthaber, die uns so dreist vorleben, dass sie die öffentliche Meinung überhaupt nicht interessiert. Bleib dran!
    Magdalena

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  10. Wieder einmal, liebe Astrid, dir ein herzliches Danke für deine fundierten Recherchen und Äußerungen. Liebe Samstagabendgrüße, langsam komme ich wieder zur Ruhe nach meinen drei Veranstaltungstagen... Ich habe schon gesehen, bei dir gibt's schon Baumfreunde ;-). Die komme ich morgen betrachten. Jetzt ab in die Küche..., also ich... Ghislana

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  11. oft weiß man dass was man hat erst zu schätzen wenn man es nicht mehr hat
    ich hoffe diese Erfahrung bleibt uns erspart
    auch wenn bei uns manchmal versucht wird Meinungen zu unterdrücken
    dürfen wir sie trotzdem frei äussern
    schön dass du immer am Thema dran bleibst

    liebe Grüße
    Rosi

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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