Donnerstag, 5. März 2015

Great Women # 14: Berthe Morisot



Barbara/barbarabee hatte seinerzeit den Anstoß für diese Reihe gegeben und damit angefangen, donnerstags in ihrem Blog bemerkenswerte Frauen in Wort und Bild vorzustellen.  Da dies eines meiner Lebensthemen ist, habe ich mich gerne angeschlossen.

Die Künstlerin, die ich heute vorstellen möchte ist für mich sozusagen eine alte Bekannte aus dem heimischen Wallraf - Museum, denn in dessen drittem Stockwerk gibt es etliche Gemälde von ihr zu sehen, zum Beispiel diese:

Der Hafen von Nizza, 1881/82
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Kind zwischen Stockrosen, 1881
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Gemalt hat diese Bilder Berthe Morisot, die am 14. Januar 1841 in Bourges als drittes Kind des Präfekten von Cher, Tiburce Morisot und seiner Ehefrau Marie Cornélie Thomas, die aus einer einflussreichen Familie stammte, auf die Welt kommt. Neben den Einkünften des Vaters kann die Familie von einem Privatvermögen der Mutter leben, so dass alle drei Töchter eine standesgemäße Ausbildung für Töchter der französischen Mittelschicht erhalten. Dazu gehört auch Unterricht im Aquarellieren bzw. Malen mit Gouache. Berthe und ihre Schwester Edma zeigen besonderes Interesse und Fähigkeiten. Ab 1860 unterrichtet die beiden gar der bekannte Maler Camille Corot.

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Im Salon der Mutter verkehren viele Künstler, zu denen neben Corot auch der Komponist Gioachino Rossini und der Maler Henri Fantin-Latour gehören. Corot bringt die Schwestern auch in Kontakt mit den Landschaftsmalern der Schule von Barbizon, die einen großen Einfluss auf den Impressionismus haben. Fantin-Latour wiederum macht sie bekannt 1868 mit den Brüdern Manet, die aus einer Familie mit ähnlichem sozialen Hintergrund wie sie stammen. Bei den Soireen der Manets lernt Berthe später auch Edgar Degas kennen, der sie künstlerisch prägen wird.

Schon 1864 stellen Berthe und Edma Bilder im Pariser Salon aus und lassen sich ein Atelier auf dem elterlichen Grundstück bauen. Das und die Tatsache, dass sich im Salon ausgestellte Bilder gut verkaufen lassen, legt nahe, dass die Schwestern eine professionelle Malerkarriere anstreben. Auch in den Folgejahren können sie im Salon ausstellen. Aus dieser Zeit stammt dieses Pastell von Berthe:

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1869 heiratet Edma und gibt die Malerei auf, was für Berthe eine erhebliche Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit bedeutet, denn es "schickt sich nicht", als unverheiratete Frau allein in der Öffentlichkeit unterwegs zu sein. In dieser Zeit freundet sie sich mit Édouard Manet an, der sie 1872 so porträtiert - auch das ungewöhnlich, was die Gepflogenheiten dieser Zeit anbelangt ( elf Gemälde mit Berthe soll er gemalt haben ):

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Eines der bekanntesten Gemälde von Berthe - "Die Wiege" - entsteht 1873 und zeigt die Schwester Edma mit ihrer Tochter Blanche:

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Mit diesem Bild nimmt sie als einzige Frau an der  ersten Impressionisten - Ausstellung von 1874 teil. Im selben Jahr heiratet Berthe auch Manets jüngeren Bruder Eugène. 

Der neue Status einer verheirateten Frau ändert ihre Beziehung zu den avantgardistischen Malern nicht. Zusammen mit Monet, Renoir und Sisley organisiert sie im März 1975 eine öffentliche Versteigerung impressionistischer Bilder - ein Skandal! Berthe wird von einem Kritiker als Hure bezeichnet, was der Maler Pissarro mit der Faust  erwidert und so eine allgemeine Rauferei heraufbeschwört & die Polizei auf den Plan ruft. 
Der neue Stil in der Malerei gilt als revolutionär & gefährlich, und der Kritiker des "Figaro" schreibt sogar: "Was die Impressionisten vermitteln, ist der Eindruck einer Katze, die über die Tasten eines Klaviers läuft, oder die eines Affen, der einen Farbkasten zu fassen gekriegt hat."

Leider ist es mir nicht möglich, hier Abbildungen der von Berthe zum Kauf angebotenen zwölf Werke zu zeigen. Bemerkenswert finde ich aber, dass diese die höchsten Erlöse von allen Bildern auf der Auktion erzielten...

Berthes Landschaftsdarstellungen enthalten meist Familienszenen, was nach Meinung einiger Kritiker, auf ihre weibliche Natur zurückzuführen sei. Ein typisches Beispiel dürfte das Gemälde "Versteckspiel" von 1873 sein:

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Oder  auch "Wäscherinnen, die Wäsche aufhängend" von 1875:

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1978 bringt Berthe ihre einzige Tochter Julie Manet zur Welt, und in der Folgezeit avanciert die Tochter und die staunende Begegnung des Kindes mit der Welt zum Lieblingsthema der Malerin. Auch wendet sich Berthe stärker dem Aquarell, der Arbeit auf Papier zu, was sich sicher mehr mit den Aufgaben einer Mutter vereinbaren lässt als die Ölmalerei, was ihr aber auch Kritik, zum Beispiel des Kollegen Odilon Redon einbringt.

Mich persönlich sprechen diese Bilder allerdings viel stärker an als ausgearbeitete Ölbilder. 

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Bekannter sind die  Ölgemälde wie "Eugène & Julie Manet im Garten" von 1883:

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Oder dieses von 1886:

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Doch mir sind die flüchtigen, skizzenartigen Darstellungen noch viel lieber, und es gibt unzählige davon im Werk der Malerin ( alle von hier )!



                                                             

Der Tod Edouard Manets 1883 verunsichert Berthe. Erst eine Reise nach Belgien und Holland 1886  zeigt ihr neue Wege für ihre Malerei, bei der  nun mehr die Linie betont wird. 

Nach wie vor sind ihre liebsten Themen junge Mädchen und Jungen und ländliche Szenen wie bei diesen Studien für ihr großes Bild "Der Kirschbaum" ( alle von hier ):




Die langen, kurvigen Farblinien legen ein ausgeprägteres Interesse der Malerin an der Zeichnung nahe und zeigen eine gewisse Nähe zum Jugendstil. Ihr bevorzugtes Medium ist nun die Pastellmalerei.

1892 stirbt ihr Mann, was die Künstlerin in eine Krise stürzt. 

Als 1894 ihr Gemälde "Junge Frau im Ballkleid" von 1876 von der französischen Regierung käuflich erworben wird, gewinnt Berthe aber den Eindruck, dass sie den anderen, männlichen Impressionisten ebenbürtig ist. Sie empfindet es auch als eine öffentliche Anerkennung ihrer Verdienste als professionelle Malerin.

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Im Jahr darauf erkrankt die Malerin bei der Pflege ihrer Tochter und stirbt am 2. März 1895 in Paris im Alter von nur 54 Jahren.


Die Bilder Berthe Morisots waren für mich seinerzeit eine Offenbarung, denn ich erfuhr durch sie, dass es "da draußen" Frauen gab, die ebenso toll malten wie die Männer, deren Werke aber einfach unterschlagen wurden. ( Dazu habe ich schon in meinem Post über Eva Gonzalès geschrieben. ) Ab da habe ich mit meinen privaten Forschungen begonnen & eine Sammlung an Kunstbüchern über Malerinnen angelegt. Ein bisschen davon möchte ich hier an dieser Stelle weitergeben, sozusagen wider das Vergessen ( oder Verschweigen )...

Wer des Französischen mächtig ist, kann sich hier übrigens einen Fernsehfilm über Berthe Morisot mit Marine Delterme ansehen.














20 Kommentare:

  1. ich liebe skizzen. sie lassen noch soviel raum für eigenes. gerade weil sie eben noch nicht so perfekt ausgearbeitet sind haben sie für mich einen ganz besonderen reiz. danke für dieses schöne portrait der künstlerin :). liebe grüße, sabine

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  2. Liebe Astrid,
    wieder so grandios und bitte weiter schreiben gegen das Vergessen, Verschweigen. Es gibt noch sooo viele die es verdienen genannt zu werden!!!

    herzliche Grüße

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  3. ein schönes billet.. und diesmal kenne ich diese malerin sehr gut...habe in austellungen von kahlo, gonzalès und moriset mitgearbeitet!
    dein bord pinterest KAHLO gefällt mir auch sehr !lg

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  4. Hallo Astrid,
    wieder so eine liebevolle Vorstellung.
    Berthe hat wirklich wundervolle Bilder gemalt.
    Danke für's zeigen!
    Liebe Grüße, Kerstin

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  5. Das waren schon Zeiten damals für Frauen...immer wieder spannend über solche starken "Weiber" zu lesen, die sich mit Erfolg den Konventionen ihrer Zeit ein Stück weit entziehen konnten. Und da sieht man auch mal wieder - Bildung, die heute Gott sei Dank keine Frage des Geldes der Eltern mehr ist, (zumindest sollte sie das hierzulande) ist ein wichtiger Grundstein für einen freien, unbeugsamen Willen und einen eigenständigen Weg. Danke für das schöne Portrait dieser tollen Malerin! Liebe Grüße von Nicole

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  6. Was für eine Ungerechtigkeit und Tragik, dass man oft nur die männlichen Maler-Kollegen der damaligen Zeit beim Namen zu nennen weiß...Wie wunderbar, dass du dem entgegen wirkst...Eine Tolle Frau, die wunderbare Werke geschaffen hat! LG Lotta.

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  7. Wie schön, dass Du sie hier vorgestellt hast. In unserer alten Wohnung hingen über viele Jahre zwei großformatige Drucke ihrer Gemälde. Danke für den Tipp, dass Gemälde von ihr im Wallraf Museum hängen. Wenn ich mal wieder nach Köln komme, statte ich dem dann auf jeden Fall einen Besuch ab.
    Liebe Grüße
    Andrea

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  8. Hallo Astrid, ich habe schon auf deinen neuen Post über eine besondere Frau gewartet. Und dieser ist dir wieder mal fantastisch gelungen. Die Bilder sprechen schon für sich. Ich muss dir auch recht geben, die flüchtigen Skizzen gefallen mir auch etwas besser, in ihnen kann man mehr finden und in sie hinein interpretieren.
    Schade das sie nur ein so kurzes und nicht einfaches Leben hatte, kaum vorstellbar heute.
    Vielen Dank für diesen Einblick in das Leben einer bemerkenswerten Frau.
    Christin

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    1. Schön, dass dir der Beitrag gefallen hat. Ich hätte doppelt so viele Bilder unterbringen können, aber dann hätte der Post den Rahmen gesprengt.-
      Du kannst dich schon auf die nächsten zwei Posts freuen, die sind jetzt fertig...
      LG

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    2. Sag mir mal, du bist ja Tausendsassa :-). Christin

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  9. Wieder so eine tolle frau die ich noch nciht kannte! Ihre Bilder sprechen mich total an.

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  10. Liebe Astrid,
    es ist schön, dass du uns einmal in der Woche Künstler etc.
    näherbringst. Dieser Beitrag ist wieder vom Feinsten,
    sowohl was die Bilder als auch den Text angeht.
    Einen schönen Donnerstagabend wünscht dir
    Irmi

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  11. Hallo Astrid,
    das hier ist ein wunderbarer Beitrag mit einer feinen Bildzusammenstellung - Danke dafür, es hat mit sehr viel Freude bereitet zu lesen und zu gucken.
    Liebe Grüße - Monika

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  12. liebe Astrid,
    das war wieder sehr interessant und wunderschöne Bilder!
    Mein Lieblingsbild in diesem Fall ist das "Kind zwischen den Stockrosen".
    Danke schön!
    liebe Grüße
    Gerti

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    1. Das ist auch ein ganz wunderbares kleines Bild!
      LG

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  13. Hallo Astrid,
    Berthe Morisot kenne ich über die französische Bloggerin http://autourdupuits.blogspot.fr. Ihre Gemälde finde ich ebenso fantastisch. Beim nächsten Besuch des Wallraf-Richarz-Museums muss ich mir genauer den 3. Stock ansehen.

    Gruß Dieter

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  14. wieder eine so interessante frauenbiographie! berthe morisots bilder mochte ich schon immer, ihre geschichte hingegen ist mir nicht vertraut gewesen. wie bedauerlich, dass sie so früh gestorben ist, aber wie gut, dass sie so viele wunderbare werke hinterlassen hat. ich mag ihre skizzen auch am liebsten - da hast du auch so schöne hier ausgewählt!
    herzliche grüße von mano

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  15. Ein wieder wunderbares Portrait von einer Frau von der ich noch nie was gehört habe, meines Wissens und das ist ein Skandal, denn mit dem Impressionismus habe ich mich durchaus (intensiv) beschäftigt und es liegt wohl eher daran, daß man sie einfach mal wieder unter den Tisch gekehrt hat! Das ist um so ärgerlicher, weil ihre Arbeiten wirklich, wirklich gut sind, wie du finde ich auch die schnellen Skizzen absolut umwerfend und sie zeigen auch sehr sehr deutlich ihr Talent, die Frische, den Strich, also da kann man schon mal den Hut ziehen! Alle Achtung. Ist doch einfach eine Schweinerei, daß man die Frauen ständig so unterbuttert. Argh!
    Danke für dieses schöne Portrait!
    barbara bee

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    1. Ich stimme dir voll und ganz zu und teile deine Empörung. Meiner Meinung ist sie die impressionistischste aller Impressionisten, ja die beste von allen, und ihr Werk hat durchaus die Werke nachfolgender Maler entscheidend beeinflusst. Nur ist das nicht ausreichend erforscht. Nur jetzt habe ich auch keine Lust mehr, das Kunstgeschichtsstudium wieder aufzunehmen...
      Freu mich schon auf deine Collagen.
      Bon week-end!

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  16. Ich bin mal über ein Jugendbuch, das ich meiner Tochter geschenkt habe, auf sie gekommen. Leider finde ich das Buch grad nicht, muss wohl in den Schrank der Tochter gucken ;-). Ich wiederhole mich wahrscheinlich: aber diese Reihe gehört zum Spannendsten, was ich in Blogs so finde. Und wie gut, dass dir sowas Freude macht, du einen kundigen Blick hast und dir die Zeit nimmst für diese Frauengeschichten!!! Lieben Gruß, und nun müsste ich wieder auf dem Laufenden sein... Diese deine Posts lese ich nicht gerne einfach so weg, sondern möchte genauer drauf gucken. Ghislana

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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