Freitag, 13. September 2019

Wer sagt, es fehlt bei uns an Meinungsfreiheit....

... der hat noch nie davon Kenntnis genommen, was Menschen in anderen Staaten dieser Erde passiert, wenn sie den Mund aufmachen oder in Social Media schreiben und fordern, sagen zu dürfen, was ihnen in den Sinn kommt.

Wenn ich alleine an die über 2600 Gewissensgefangenen denke, die in Saudi - Arabien inhaftiert sind, dem Land, mit dem ich mich seit Januar 2015 an dieser Stelle wöchentlich beschäftige, oder die Zehntausende in der Türkei, dann überkommt mich ein heftiger Impuls, wenn ich mal wieder in Zeitungen lese oder in anderen Medien erfahre, dass - zuletzt nach den beiden Landtagswahlen - Wähler der Blaunen ihre Stimmabgabe damit begründen, man dürfe bei uns nicht sagen, was man wirklich denkt: Denen würde ich mal nur EINEN der fünfzig Stockhiebe um die Ohren wünschen, die Raif Badawi am 9. Januar 2015 abbekommen hat!


Ich kann diese gequirlte Sch... nicht mehr hören! Hier kommt keiner in Haft - und erst recht keiner ohne Anklage -, der seine Meinung zu Politik, Religion, Gesellschaft kundtut, keiner der Politiker drastisch & übel kritisiert, man darf den Klimawandel leugnen, die Flüchtlingspolitik in Grund und Boden verdammen, die Gleichberechtigung von Frau und Mann in Frage stellen undsoweiter undsoweiter. Und man tut das auch allerorten, am liebsten allerdings in den Social Media oder in die Fernsehkameras hinein.

Meinungsfreiheit bedeutet jedoch nicht, dass ich die Persönlichkeitsrechte meiner Mitmenschen verletzen oder gegen Strafgesetze verstoßen darf, das scheint nicht allen Wutbürgern klar zu sein. Meinungsfreiheit bedeutet auch nicht, dass einem nicht widersprochen wird. Jeder, der den Mund aufreißt, muss damit rechnen, dass ein anderer das auch tut und Kontra gibt, mitunter ebenso heftig, wie man sich selbst äußert. Wer seinen Standpunkt offen vertritt, muss Widerspruch aushalten. Es gibt kein Recht darauf, dass die eigene Meinung vom Gegenüber hingenommen, geschweige denn geteilt wird. Meinungsfreiheit bedeutet nicht, dass mein Standpunkt der einzig wahre ist, sie schließt nicht ein, dass alle um mich herum meine Ansichten teilen und übernehmen müssen.

Menschlich ist verständlich, dass man Widerworte nicht mag. Menschlich verständlich ist auch, dass ich immer Recht behalten möchte, ebenso, dass ich mich von anderen nicht "beherrschen" lassen möchte, denn der andere ist ein Mensch wie ich auch. Doch darin drückt sich auch der Wunsch aus, die maximale Herrschaft der eigenen "Mehrheit" durchzusetzen und sich den Zumutungen der Vielfalt in unserem Gemeinwesen zu entledigen. Die Dinge laufen aber nicht, wie ich alleine es will, auch nicht, wenn ich mich zum "Volk" erkläre, um Dominanz und Ruhe zu bekommen.

Das muss man doch mal sagen dürfen...

Was aber auch unbedingt einmal an dieser Stelle gesagt werden muss:

Ich habe im Osten - mit Ausnahme der Neonazis auf dem Parkplatz der Gedenkstätte Buchenwald - lauter tolle, warmherzige, hilfs- und gesprächsbereite und oft sehr belesene Menschen getroffen und kennengelernt, deren Lebensumstände, deren Biografien oft gebrochen worden sind, deren Lebensleistung nicht anerkannt wurde & wird. Das sind Verletzungen, die ich gut verstehe. Denen gilt meine Wertschätzung, mein Respekt. Für die, die oben genannte Statements gebetsmühlenartig aufsagen, reicht mein Verständnis & meine Toleranz dann nicht mehr...


6 Kommentare:

  1. von Helga:

    Oh liebe Astrid,

    das hast Du wieder großartig auf den Punkt gebracht. Man kann es kaum besser ausdrücken und wer das nicht begreifen will, der wird gar nix mehr begreifen. Meine Mutter sagte immer zu mir: "wer nicht hören will muß fühlen", daß begriffen selbst wir Kinder. Hoffentlich ist es dann nicht zu spät.
    Mit den Finanzen wird es noch ein Desaster geben. Hoffentlich nicht das was meinen Schwiegereltern passierte. Sauer verdientes Geld erspart, Haus kaufen wollen...... hingehalten worden vom Makler....am anderen Tag war das ganze Geld futsch. Wir hatten es bei der Wohnungsauflösung in einer Schublade gefunden, hatten die Hände voller Scheine und mußten sie zum Abfall tun. Traurige Wahrheit und Erinnerung.
    Trotzdem ein sonniges Wochenende für Kölle und die Noris wünscht Dir Helga

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  2. Hallo Astrid,

    ich kann mich dir nur anschließen. Du hast unsere Freiheit der Meinungsäußerung sehr gut auf den Punkt gebracht.

    Leider werde ich im Alter nicht abgeklärter, merke ich gerade, sondern in letzter Zeit nur wütender; wenn Leute allen Ernstes abstreiten, dass das Insektensterben mit von der Landwirtschaft verursacht wird; wenn SUV-Fahrer meinen, ihre fetten Boliden würden ja weniger Sprit verbrauchen als konventionelle Autos; wenn AfDler sich als die Ewig-Mißverstandenen Opfer hinstellen, die ollen Jammerlappen. Ich kann nicht verstehen (außer vielleicht die Hardcore-Nazis, die sind ja eh jenseits von gut und böse), wer diese Typen wählt, wir alle können uns doch informieren? Mir unbegreiflich.

    Dass ich meine Meinung sagen und schreiben kann, ist ein hohes Gut, schlimm genug, dass es soviel Unfreiheit in der Welt gibt, Russland, China, die arabischen Länder usw..

    Ich jedenfalls halte meine Klappe nicht, schon für meine Enkel,

    beste Grüße aus dem sonnigen Münsterland - Brigitte

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  3. Nein, an Meinungsfreiheit fehlt es uns zum Glück nicht.
    Bei dem, was aber alles als Meinung kundgetan und gesagt wird, wünschte ich mir manchmal fast weniger...
    Nein, natürlich ist diesem hohen Gut nicht mit Zensur zu kommen, das möchte ich nie.
    Aber die gesetzlichen Möglichkeiten bei Beleidigungen und Bedrohungen etc. sollten unbedingt ausgeschöpft werden, auch gerade in den sozialen Medien, wenn es einfach zu bösartig und verlogen zugeht (oder bei Demos - unvergessen für mich der unfassbare Galgen für unsere Bundeskanzlerin in Dresden.)
    Ich habe mich von Facebook vor fast einem Jahr abgemeldet, weil ich das nicht mehr unterstützen möchte.
    GlG Sieglinde

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  4. Du sagst es, auf den Punkt, du Liebe... Liebe Sonntagsgrüße Ghislana

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  5. oh ja
    die Meinungfreiheit geht hier sogar so weit
    dass ein Richter urteilt das eine Politikerin sich aufs Übelste beschimpfen und beleidigen lassen muss
    von Respekt ist schon lange keine Rede mehr
    trotzdem sollte man jeden anzeigen
    auch wenn nichts dabei rum kommt

    liebe Grüße
    Rosi

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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