Freitag, 16. September 2016

Anwärterin auf den Raif - Badawi - Award 2016: Pınar Selek


"Nach wie vor gibt es kaum Nachrichten zu Raif Badawi, wie es ihm geht usw. Mit schöner Regelmäßigkeit erfahre ich nur von der Mahnwache der österreichischen Grünen vor dem Wiener König-Abdullah-Zentrum am Schottenring" ( der 90. heute ) - so schrieb ich an dieser Stelle vor zwei Wochen. 

Und auch heute kann ich nur diese "Neuigkeit" verkünden. Ich nutze stattdessen die Gelegenheit, um an dieser Stelle auf eine bewundernswerte Frau aufmerksam zu machen ( und über das Rechtsverständnis der ach so demokratischen Türkei - nicht erst seit dem Putsch - zu informieren ): Pınar Selek. Sie ist für den diesjährigen "Raif Bawadi Award for Courageous Journalists", der am 19. Oktober 2016 verliehen werden wird, nominiert.


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Pınar Selek, 1971 in Istanbul geboren, ist eine türkische Publizistin und Soziologin, Frauenrechtsaktivistin, Enkelin eines der Gründer der türkischen Arbeiterpartei und Tochter eines Menschenrechtsanwalts, die sich in ihren Veröffentlichungen insbesondere für die Rechte von Minderheiten einsetzt.

Seit 18 Jahren von der türkischen Regierung verfolgt, nachdem sie eine Arbeit über kurdische PKK-Kämpfer schrieb und sich weigerte, ihre Quellen dem türkischen Staatsapparat offenzulegen, wird sie bis heute als Staatsfeindin betrachtet. 

1998 wurde sie wegen angeblicher Beteiligung an einem terroristischen Bombenattentat auf dem Istanbuler Gewürzbazar verhaftet und im Gefängnis mit Elektroschocks schwer misshandelt, dann aber aus Mangel an Beweisen wieder freigelassen. Ein juristischer Kampf mit der türkischen Staatsanwaltschaft setzte ein, weil diese den Fall als nicht abgeschlossen ansah. 2002, 2006 & 2008 wurde sie wieder angeklagt und jeweils frei gesprochen.

Nach ihrer Freilassung gründete sie eine feministische und anti-militärische Organisation, die sich für Frauenrechte und eine Welt ohne Gewalt und Diskriminierung einsetzt. Ihre Bücher, z.B. über die Identität türkischer Männer, die besondere Rolle des Militärdienstes und das türkische Beschneidungsritual, riefen vor allem türkische Nationalisten und konservative Muslime gegen sie auf den Plan. Das und ein erneutes Aufrollen ihres Falles  veranlassten sie 2009, nach Deutschland zu gehen.

Am 24. Januar 2013 verurteilte die 12. Kammer des Istanbuler Gerichts für schwere Straftaten sie zu lebenslanger Haft. Derselbe Richter, der sie schon dreimal freigesprochen hatte, verkündete nun die „definitive Aufhebung des Freispruchs“. Pınar Selek war bei der Urteilsverkündung nicht anwesend. Im Juni 2014 hob das oberste Gericht in Ankara dieses Urteil wiederum wegen Formfehlern auf. Der Fall wurde erneut verhandelt und im Dezember 2014 wurde sie in diesem Verfahren erneut freigesprochen. Es liegt auf der Hand, dass die türkische Justiz an dieser Frau ein Exempel statuieren will.

Derzeit lebt sie in Frankreich im Exil und forscht an der Universität von Straßburg. In ihrem Heimatland wird sie dennoch als eine der führenden Vertreterinnen der antimilitaristischen Friedens- und Demokratiebewegung angesehen.







Da immer noch interessant, die Diskussion um die muslimische Verschleierung, wie es mir nach Reaktionen auf meinen gestrigen Post vorkommt, hier ein lesenswerter Beitrag von Elham Manea, der Schweizer Unterstützerin von Raif Badwi

5 Kommentare:

  1. Ich habe Deinen Beitrag zu Badawi schon vermisst. Furchtbar, wie man so couragierte Frauen verfolgt, was sie erdulden müssen! Niemand kann die Türkei allen Ernstes als demokratisch bezeichnen. Und wer es tut, duckt sich vor einem Despoten.
    Liebe Grüße
    Andrea

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  2. Danke liebe Astrid. Ich freue mich immer wieder wenn ich mutigen, offenen ,engagierten Frauen begegne oder über ihren unermpdlichen Einsatz lese! Zum Glück gibt es sie und wir können sie durch Bekanntmachen und durch unsere Stimme bekannt machen und so doch irgendwie unterstützen
    Der link über zu dem Artikel über die Verschleierung ist auch sehr interessant
    hätten doch bloss mehr Menschen den Mut sich einzusetzen

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  3. Sie ist aber auch ein Stein im Brett der Türken. Ist nicht klein zu kriegen. Sie hat den Preis bestimmt verdient. Ich hätte nicht den Mumm immer weiter zu machen.
    Liebe Grüße
    Andrea

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  4. Wieder spannende Lektüre bei dir, nebst weiterführenden Hinweisen, danke dir dafür. Lieben Gruß Ghislana

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  5. Ja, solche Frauen brauchen wir. Man kann ihren Mut nur bewundern.
    LG
    Magdalena

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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