Freitag, 22. September 2017

Was hat das für Auswirkungen für Raif Badawi?


Eigentlich wollte ich hier & heute einmal über einen anderen Konflikt auf dieser Erde schreiben, dessen Folgen erschüttern und dem - wieder einmal - auch religiöse Motive unterlegt sind. Es geht um das brutale Vorgehen radikaler Angehöriger der buddhistischen Mehrheitsbevölkerung Myanmars und des burmesischen Militärs gegenüber den muslimischen Rohingya, einer rechtlosen ethnischen Minderheit in dem südostasiatischen Land ( hier ein aufschlussreicher, differenzierender Artikel - Leseempfehlung! ) Doch neueste Entwicklungen in Saudi - Arabien haben mich dann davon abgebracht...

... denn ich frage mich, was die Neuigkeiten, erfahren über Amnesty International,  für Auswirkungen auf den inhaftierten Blogger Raif Badawi haben werden.

Aber von vorne: Der 32jährige saudische Kronprinz Mohammed bin Salman scheint immer stärker die Alleinherrschaft durchzusetzen, seine Machtübernahme abzusichern und seinen greisen Vater, den König, auszuschalten. Im Rekordtempo hat er sich bereits die Macht über eine Vielzahl bedeutender staatlicher Institutionen gesichert. Den im Juni abgesetzten Kronprinzen Mohammed bin Nayef hat er unter Hausarrest gestellt. Das scheint auch für eine Reihe von anderen Prinzen zu gelten, darunter ein Bruder des Königs.

Nun lässt er seit vergangenem Samstag quer durch die saudische Gesellschaft einflussreiche Akademiker wie konservative Prediger, Journalisten und Bürgerrechtler, Unternehmer und Kritiker der Wirtschaftsagenda 2030 ( siehe hier ) durch die Sicherheitskräfte verhaften. Mindestens 30 Personen sind es inzwischen, Amnesty befürchtet aber eine viel höhere Dunkelziffer.

Offensichtlich ist das Ziel, Andersdenkende mundtot zu machen und zu demonstrieren, dass die freie Meinungsäußerung unerwünscht ist. Bei den Verhafteten soll es sich auch um Kleriker und Loyalisten gegenüber der Saud - Familie handeln, die nicht gegen Katar und die Muslimbruderschaft gehetzt haben.

Zur gleichen Zeit versucht Mohammed bin Salman durch populistische Aktionen vor allem die Jüngeren unter den 20 Millionen Saudis für sich zu gewinnen, indem er Konzerte im Land endlich erlaubt ( siehe hier ) und kostenlose Tickets für Sportveranstaltungen, wie für das Fußballqualifikationsspiel gegen Japan, verteilt. Gesellschaftliche Liberalisierung und Wirtschaftsreformen mit gleichzeitig härterer politischer Repression durchzusetzen  - ein fragwürdiges Konzept... 

"Wir gehen durch eine große wirtschaftliche Transformation, die von den Menschen unterstützt wird, einer Umwandlung, die uns von der totalen Abhängigkeit von Öl befreien und eine Kultur der Arbeit und Produktion wiederherstellen soll", so der saudische Journalist und Kritiker des Einflusses der Religionsgelehrten im Land Dschemal Kashoggi in diesem Artikel der "Washington Post". Seiner Ansicht nach könne das aber nur durch Förderung konstruktiver, vielfältiger Meinungen gelingen.

Stattdessen werden solche Leute verhaftet oder ins Exil getrieben, wie Kashoggi selbst, der, nachdem er die "kritiklose Umarmung des amerikanischen Präsidenten Donald Trumps" durch das Königshaus in seiner Zeitung aufgespießt hatte, kalt gestellt wurde und inzwischen das Land verlassen hat.

Nach den Verhaftungen ließ der Kronprinz Mohammed bin Salman übrigens erklären, man überwache die Spionageaktivitäten "einer Gruppe von Leuten zugunsten ausländischer Kräfte und zum Nachteil der Sicherheit des Königreiches". Vor allem Katar wirft er vor, eine Verschwörung zu finanzieren. Tatsache ist allerdings, dass auch al-Kaida zum Sturz des Regimes der Familie Saud aufruft. Die islamistische Gruppe fragte öffentlich: "Wie konnten die Enkel des Propheten und dessen Gefährten Sklaven der Saud-Familie und deren dummköpfigen Tyrannen werden?"

Meine Timeline hat leider bisher noch keine Informationen oder Stellungnahmen zum Geschehen in Bezug auf Raif Badawi ausgespuckt. Wieder eine neue, weitere Ungewissheit...




Seine  Frau Ensaf Haidar hat am vergangenen Dienstag  das erste Mal die Gelegenheit nutzen können, beim UN-Menschenrechtsrat im Beisein des Vertreter Saudi-Arabiens, Abdulaziz Al-Wasil, zum Fall ihres Mannes Stellung nehmen zu können, und erneut an den (noch) amtierenden König appelliert, ihren Mann frei zu lassen.

Über die Reaktion der anwesenden Saudis ist mir nichts bekannt...




2 Kommentare:

  1. Es ist ein Hoffnungsschimmmer, dass Ensaf Haidar die Gelegenheit hat nutzen können, beim UN-Menschenrechtsrat im Beisein des Vertreter Saudi-Arabiens, Abdulaziz Al-Wasil, zum Fall ihres Mannes Stellung zu nehmen. Ich glaube hier an das Sprichwort: Steter Tropfen höhlt den Stein.
    Was sonst dort so alles abgeht, ist für mich immer unfassbar. Ein Land, das Frauen so unterdrückt und unfrei sein lässt, ist mir einfach völlig unsympathisch und auch unverständlich.
    Umso mehr ist es wichtig, dass Frau Haidar dort sprechen konnte.
    GlG Sieglinde

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  2. Es passt nur am Rande hierher, hat mich am Wochenende aber schrecklich aufgeregt: das Cover der Heute-Zeitung.

    Die Heute Zeitung ist ein Gratisblatt, das in U-Bahnstationen, vor Supermärkten, ... frei zu bekommen ist. Es ist einschrecklich reißerisches Blatt. Als ich am Wochenede aus dem Supermarkt kam sah ich es im Ständer. Das Cover ist einfach so - man kann nicht wegschauen. So weit so ärgerlich. Meist schaff ich es, dass es nicht weiter in meine Gehirmwindungen eintritt. Aber dieses Bild mit der Überschrift - das hat mich so schrecklich aufgeregt.

    Ich weiß du kennst dich in der österreichischen Medienlandschaft etwas aus, Heute ist nach der Kronenzeitung das Auflagenstärkste Blatt - und alles ist ja in Dichand-Hand.

    Wenn ich solche Titelblätter sehe zweifle ich immer an "meiner Gesellschaft" Das bin ich nicht! Bäh!

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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