Samstag, 23. September 2017

Mein Freund, der Baum: Zitterpappel


"Du zitterst ja wie Espenlaub", ist eine Redensart, die jedem geläufig ist ( auf englisch heißt das:"You tremble like an aspen leaf") - die Espe selbst kennt hingegen kaum einer, eine Zitterpappel schon eher. Dabei handelt es sich um den gleichen Baum. Dieses typische Zittern des Laubes bei feinster Luftbewegung ( Luther beschrieb es einst als „pampeln und schweben“ ) habe ich versucht an einem sehr warmen, windstillen Sommertag einzufangen:



Die Zitterpappel, auch Espe oder Aspe genannt ( botanischer Name: populus tremula L. ) gehört zur Familie der Weidengewächse ( Salicaceae ). Von den 35 Arten der Gattung Populus ist die Zitterpappel die in Europa weitest verbreitete.

In unseren Breiten gibt es keinen Baum, der schneller wächst als Pappeln. Mit 60 Jahren sind die Bäume ausgewachsen, wobei ihr Durchschnittsalter bei hundert Jahren liegt. Der Baum ist in ganz Europa - mit Ausnahme von Südspanien, Portugal und Sizilien -  anzutreffen sowie in Sibirien und Kleinasien.

Als Lichtholzart kann sich die Zitterpappel in ihrem eigenen Schatten nicht mehr "verjüngen", deshalb verbreitet sie ihre Samen weit weg durch den Wind. Neue Pappeln wachsen im Nieder- und Mittelwaldbetrieb, oft in Gruppen von dicht zusammenstehenden Stämmen:



Der Stamm wächst gerade oder nur leicht geneigt. In der Jugendphase ist die Rinde sehr glatt, gelbbraun und mit großen, rautenförmigen Korkwarzen versehen, im Alter dunkelgrau und weist Längsrisse auf.
Locker und licht ist die Krone anfangs, später eher kegelförmig, um im Alter mehrteilig und breit-rundlich bis unregelmäßig zu werden ( mir macht es das schwer, die Zitterpappel auf Distanz sicher zu erkennen ). Sie hat primär eine Pfahlwurzel und bildet später kräftige Hauptseitenwurzeln aus.

Die Blätter der Zitterpappel sind rundlich bis herzförmig, grün-glänzend an der Oberfläche, hellgrün-matt an der Unterseite und 3-10 cm lang. Ihr Rand ist unregelmäßig & stumpf gezähnt. Das Besondere: Der Blattstiel ist sehr lang (4-6 cm), weshalb sich die Blätter schon im leisesten Windhauch bewegen.


Warum das so ist?

Die Steifigkeit der Blattflächen ist sehr groß im Vergleich zu den Stielen, die lang, gekrümmt und von elliptischem Querschnitt sind. Die Blätter schwingen sowohl quer zu ihrer Längsachse ( Translation ) als auch um die Stielachse ( Rotation ). Der Vorteil für den Baum besteht darin, dass beim Querflattern mit stark angestellten Blättern die Luftbewegung um ein Vielfaches größer als die Windgeschwindigkeit ist. So wird die Abgabe von Wasserdampf und die Aufnahme von Kohlendioxyd pro Blatt erheblich verbessert, so dass die Zitterpappel mit weniger Blattmasse auskommt als andere Bäume ( den Trick beherrscht sonst noch die Birke und, weniger stark, der Ahorn ). In Folge kann der Baum schneller wachsen als andere Arten.





Die frischen Austriebe der Zitterpappel sind kupferbraun und bis Ende Mai rötlich getönt. Im Herbst färbt sich das Laub rein goldgelb.

Die Zitterpappel ist zweihäusig, es gibt also männliche und weibliche Bäume. Mit 20-25 Jahren erscheinen die Blütenstände im März/April. Die männlichen Kätzchen sind 5-10 cm lang, bis 2 cm dick und weißlich-grau. Die weiblichen Kätzchen sind grünlich und weniger auffällig, 4 cm lang. Der Fruchtknoten hat einen kurzen Stiel, ist grün und hat zwei purpurrote Narben. Diese Früchte entwickeln sich bis Ende Mai und enthalten grünlichbraune schlanke Kapseln, die kleine gelbe runde, mit einem Haarschopf versehene Samen enthalten. Aufgrund dieser Beschaffenheit kann sie der Wind sehr weit tragen.

Das Holz der Zitterpappel ist sehr weich und leicht und wird zu Sperrholzplatten, Zündhölzern, Trögen und Papier verarbeitet. Die Blätter und Rinde enthalten Verbindungen von Salicylsäure, die schmerzlindernd, entzündungshemmend und fiebersenkend wirken und deshalb in der Naturheilkunde angewendet werden.


Die Zitterpappel oder Espe ist eine der wichtigsten Futterpflanzen unserer attraktivsten und am stärksten gefährdeten heimischen Tagfalter wie der Große Eisvogel, der Große Fuchs, der Kleine Schillerfalter oder das Rote Ordensband. Deren Raupen leben am liebsten an den noch strauchförmigen Jungbäumen am Weges- oder Waldrand.

Mythologisch spielt die Zitterpappel keine so große Rolle. Haine mit diesen Bäumen, deren Blätter sich so emsig bewegen, galten als Sinnbild der fleißigen Spinner- & Weberinnen und waren der Göttin Pallas Athene geweiht. In der christlichen Mythologie wird erzählt, dass die Espe als einziger Baum sich nicht vor dem auf Erden wandelnden Christus verbeugt hat und deshalb mit ewiger Unruhe gestraft wurde. Die Schotten erzählten sich eine andere Variante, nämlich die, dass das Kreuz aus dem Holz dieser Pappel hergestellt worden war, und der Baum zur Strafe niemals ruhen darf. Was physikalisch & biologisch erklärbare Phänomene für Geschichten hervorbringen können!


Weitere Baumfreunde sind wieder bei Ghislana/Jahreszeitenbriefe ab Sonntag zu finden. Und das Grün geht zu Maschas Weekend Green.



Alle Baumfreundinnen & - freunde möchte ich auf die Aktion "Rettet die Kastanie" hinweisen, die zu einem bundesweiten Freiwilligen - Aktionstag am 11. November aufruft. Jeder/jede, die mit offenen Augen durch Stadt & Land geht, ist sicher aufgefallen, wie sehr die wunderschönen Bäume unter dem durch die Klimaveränderung feucht - milden Wetter leiden. Miniermotten, Bakterien, Pilze setzen den Bäumen zu. Die Miniermotte überwintert im abgeworfenen Laub. Deshalb soll am Aktionstag das Laub aufgesammelt, der Kommune übergeben und verbrannt werden.


Ich werde darüber noch öfter berichten...

11 Kommentare:

  1. Die Pappel ist ein wunderschöner Baum und besonders die Silberpappel gefällt mir, wenn der Wind geht.
    Leider müssen bei uns in der Stadt immer wieder Pappeln gefällt werden, weil die Pfahlwurzeln in die Kanalisation gehen. Hier wären Flachwurzler besser.
    Dass die Miniermotte im abgeworfenen Laub überwintert, wusste ich bisher nicht. Das wäre doch dann relativ einfach sie zumindest zu reduzieren. Bin gespannt, ob es diesen Aktionstag auch bei uns geben wird. Ich werde es mal bei uns bei nebenan.de einspeisen, das Portal für die Nachbarschaft. Wir wohnen ja am Stadtpark und da sind viele Kastanien betroffen.

    Danke, dass Du die Pappel vorgestellt hast und auf den Aktionstag aufmerksam gemacht hast.

    Herzlichst, Sieglinde

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  2. Pappeln gibt es hier am See einige. Ich mag sie sehr gern.
    Ja, diese Naturgeschichten verweben eine Menge Naturbeobachtungen und -deutungen.
    Liebe Grüße
    Andrea

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  3. Liebe Astrid,
    Ich liebe die Pappeln und am Neckarufer standen sehr viele. Leider
    mussten sie abgeholzt werden.
    Ein schönes Wochenende wünscht
    Irmi

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  4. Liebe Astrid,
    mit der Pappel verbinden mich Jugenderinnerungen. Ihr Wispern kündigte mir noch im Halbschlaf in der Früh an, wie das Wetter werden wird. Ein Baum stand am Fluß hinterm Haus. Leider gibt's den nicht mehr. Im Zuge der Renaturierung des Flusses musste er weichen. Schade und nicht zu verstehen. Schöne Bilder sind das vom zarten Pappelgrün.
    Liebe Grüße + schönes Wochenende
    Sabine

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  5. Zitterpappel, allein der Name gefällt mir und auch der Baum, von dem ich nun viel mehr weiß! Dein Geräuschvideo habe ich nun 2x angehört, bei mir rauscht nichts... mag vielleicht am Alter liegen, aber ich habe es noch in Erinnerung.
    Sehr gute Idee mit dem Aktionstag für die Kastanien, daran sollten sich deutschlandweit alle Städte ein Beispiel nehmen!
    Lieben Grüß Ulrike

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    1. Um die Geräusche ging es auch nicht, nur ums Pampeln und Schweben...
      Die Aktion ist deutschlandweit.
      LG

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  6. Liebe Astrid,
    als ich in der Pubertät war, fing meine Pollenallergie an. Und weil es mich Jahr für Jahr ganz besonders "hatte", wenn die weißen Pappelpollenwolken herumflogen, meinten meine Eltern, dass ich auf Pappeln allergisch wäre. Allergietests waren damals ja noch nicht wirklich üblich, ich erzählte also überall herum, ich hätte eine Zitterpappelpollenallergie, denn wir glaubten fest daran und das Wort fand ich witzig. Irgendwann stellte sich dann heraus, dass ich eigentlich auf Gräser allergisch bin, die genau zur Zitterpappelpollenflugzeit blühen, aber ich finde, Gräserallergie klingt nur halb so spannend...
    Soviel zu Zitterpappeln und Frau Rostrose ;-)
    Weil du die Kastanien erwähnst, da hatte ich unlängst im Lainzer Tiergarten auch gerade einen Wehmutanfall angesichts der Bäume, die ich noch aus meiner Kindheit kenne...
    ♥♫♥♥♫♥♥♫♥♫
    Hab noch weiterhin ein schönes Herbstwochenende!
    Herzlichst, die Traude
    http://rostrose.blogspot.co.at/2017/09/island-kreuzfahrt-teil-4-zwischenstopp.html
    ♥♫♥♥♫♥♥♫♥♫

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  7. Wie schön Deine Fotos zum anschauen sind, liebe Astrid. Lichtdurchflutete Blätter und Glitzern in der Sonne, wundervoll!
    glg Susanne

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  8. toll, was du alles über diesen schönen baum herausgefunden hast! ich sehen ihn jetzt mit etwas anderen augen, denn ich wusste nicht, dass sie futterpflanze von so vielen schönen schmetterlingen ist. hier in der nähe gibt es noch eine allee von espen, die zum elm hochführt. ich hoffe, sie bleibt noch lange erhalten. viele der säulenpappeln hier in der gegend sind aufgrund ihres alters schon umgestürzt oder gefällt, aber nicht mehr durch neue ersetzt worden. schade, denn ich mag sie im landschaftsbild sehr gerne.
    liebe grüße
    mano

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  9. Über die Espe wusste ich tatsächlich noch nicht so viel, danke für die Vorstellung dieses schönen Baumes.
    Die Form der Blätter gefällt mir sehr gut, ein schöner Baum-Freund.

    Viele Grüße, Angelika

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  10. Tolles Baumportrait :D Sehr informativ mit schönen Fotos! Danke!

    LG
    Veronika

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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