Samstag, 29. Juli 2017

Mein Freund, der Baum: Blutbuche


Mein verstorbener Schwager hat mich ja immer wieder verblüfft mit seinen eher ungewöhnlichen Vorlieben & Entscheidungen. Ich gehörte noch nicht lange zur Familie, als er verkündete, er würde sich in den Garten seines damaligen ( mehr als bescheidenen ) Domizils in der Eifel für sündhaft viel Geld eine Blutbuche setzen lassen.
Es dauerte nicht lange, da transportierte ein Laster ein großes Exemplar, welches mit einer Art Kran von der Ladefläche gehievt,  eingepflanzt und mit vielen dicken Seilen und einer Art großer Heringe rundherum im Gartenboden gesichert wurde. Der Baum war tatsächlich beeindruckend...




Die Blutbuche Fagus sylvatica f. purpurea, auch Purpurbuche genannt, ist eigentlich nur eine Zierform der Rotbuche, die seit dem 18. Jahrhundert gezüchtet wurden und vor allem in Parks und Anlagen als beeindruckende Solitäre, aber auch als Hecken und Wegbegrenzungen Verwendung fanden.

Die Blutbuche ist zunächst aus einer natürlichen Mutation einer Rotbuche hervorgegangen. Es gibt Berichte über eine solche erste Blutbuche 1190 in Zürich, andererseits wird immer wieder behauptet, alle heutigen Blutbuchen stammten von einem Mutterbaum in Thüringen ab.

Tatsache ist, dass die gezielte Kultur erst um etwa 1700 erfolgte, indem man rotlaubige Exemplare auf grünlaubige Unterlagen aufpfropfte, denn bei einer Nachzucht aus Samen der Blutbuche sind nur maximal 50 Prozent der Bäume wieder rotlaubig.




Für die besonders schöne Rotfärbung ist der Farbstoff Anthocyan verantwortlich, der im Zellsaft des Blattes gelöst ist. Normalerweise ist dieser Stoff nur in jungen Blättern vorhanden und wird durch ein Enzym abgebaut. Dieses Enzym fehlt der Blutbuche. Deshalb ist die äußerste Hautschicht des Blattes auch nicht durchsichtig, so dass das darunter liegende Blattgrün nicht mehr sichtbar ist.

Im Austrieb ist das Laub der Blutbuche kupferfarben, im Sommer glänzend bordeauxrot, später matt schwarzrot gefärbt. Aber im Lauf des Jahres vergrünen die Blätter allmählich, so dass die Bäume im Herbst kaum noch als Blutbuchen zu erkennen sind. Die Blätter im Schatten sind ohnehin grünlicher.


Die Blätter sind eiförmig und am Blattrand leicht gewellt und färben sich im Herbst rotbraun, in der 2. bis 3. Novemberwoche orangerot, danach grün, bevor sie abfallen. Die Blutbuche blüht zeitgleich mit dem Blattaustrieb ab April/ Mai mit unauffällig hellroten Blüten, aber erst ab ihrem 30. Lebensjahr.

Der Baum ist in Mitteleuropa weit verbreitet, erreicht ein Höhe bis 40 m und kann über 200 Jahre alt, vereinzelt 300 Jahre und älter werden. Der Stamm ist glatt und grau und wächst jährlich einen halben Meter in die Höhe und kann einen Umfang von sechs Metern erreichen. Besonderes Kennzeichen ist der mehr oder weniger erkennbare Veredelungsansatz. Dieser kann in unterschiedlicher Stammhöhe liegen.

Die Blutbuche ist ein Herzwurzler mit flachen, weit verzweigten Wurzeln, die empfindlich auf Bodenverdichtung reagieren. Dieser Boden sollte eher lehmig und schwach sauer bis alkalisch sein. Wie die Rotbuche besitzt sie eine hohe Schattenverträglichkeit und gedeiht noch bei 1/60 des vollen Tageslichts.

Der Baum bildet eine prachtvolle, breit kegelförmige Krone mit hängenden Zweigen aus, an älteren, freistehenden Exemplaren oftmals bis zum Boden. Diese Zweige sind von grau-brauner Farbe, hin- und her gebogen und elastisch. Die hellbraunen Knospen sind lang, schmal, spitz und stehen ab.

Die Nussfrüchte im Herbst haben eine stachelige Fruchthülle mit zwei bis vier Bucheckern und sind wegen des enthaltenen Fagins leicht giftig. Roh gegessene Nüsse lösen Vergiftungserscheinungen wie Erbrechen, Durchfall, Krämpfe, Kopfschmerzen und Benommenheit aus.


Blutbuchen sind wie alle Buchen sehr gut schnittverträglich, so dass sie auch als Bonsai gepflegt werden können. Allerdings müssen Hecken aus Blutbuchen oft zweimal im Jahr geschnitten werden, da sie sonst schnell aus der Form geraten.

In einigen Gegenden Europas war es üblich, Blutbuchen an Wegkreuzungen zu pflanzen, wodurch diese rotblättrige Buchenart als Symbol der Entscheidung gilt. Die hängende Form der Blutbuche - Fagus sylvatica 'Purpurea Pendula' - wird gerne als Trauerbaum auf Friedhöfen angepflanzt.


Das Holz der Blutbuche ist in vielerlei Hinsicht verwendbar und seine Nutzanwendung identisch mit dem der Rotbuche: Als Brennholz, früher als Meilerholz zur Herstellung von Holzkohle und Pottasche, dem wesentlichen Produktionsmittel bei der Glaserzeugung, aber auch als Bau- und Konstruktionsholz, in der Bau- und Möbeltischlerei und zur Zellstoff- und Plattenherstellung.

Weitere Baumfreunde sind wieder bei Ghislana/Jahreszeitenbriefe ab Sonntag zu finden...

12 Kommentare:

  1. Liebe Astrid, das ist heute ganz besonders interessant für mich zu lesen, denn in unserem ehemaligen Garten hatte ich auch eine Blutbuche gepflanzt. Dass sie bis zu 40m hoch werden kann, ist ja Wahnsinn. Unvorstellbar, wie hoch das ist!
    glg Susanne

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  2. Meine Großmutter hatte solch ein Prachtexemplar neben dem Haus - im Wurzelwerk war der schönste Spielplatz für mich als kleines Kind. Aber die Blättermenge im Herbst... ich höre sie noch stöhnen.
    Danke fürs Vorstellen dieses mächtigen Baumes und ein schönes Wochenende für Dich - mit kleinem Ausgang gar ins Grüne?
    GLG Sieglinde

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  3. Das war jetzt aber sehr interessant und informativ. Ich werde in der nächsten Zeit mal Ausschau halten und die Rotbuche mit anderen Augen sehen.
    Als Kinder haben wir gern mal ein paar Bucheckern genascht, ohne Folgen. Da hatten wir ja wohl Glück.
    Liebe Grüße
    Andrea

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  4. dein blut ist in der blutbuche verwahrt!..ich hoffe es fliesst nicht mehr...:))))

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  5. Liebe Astrid,
    toller post, das alles habe ich überhaupt nicht gewußt!
    Lieben Gruß und weiter gute Besserung
    Susa

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  6. Liebe Astrid,
    ein interessanter Post und großartig bebildert. Mein Favorit ist dein Bild des Stammes mit seinem gigantischen Wurzelwerk...einfach beeindruckend diese alten Baumriesen.
    Ein angenehmes Wochenende für dich in der neuen Umgebung.
    Lieben Gruß, Marita

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  7. Wow.... Liebe Astrid
    Voll Interesse habe ich deinen genialen Bericht gelesen und vieles war mir neu!
    Ein wirklich gigantischer Baum die Blutbuche! Nun werde ich ihn mit anderen Augen bestaunen! Hab lieben Dank für diese interessante Post.
    Herzensgrüassli
    Yvonne

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  8. Liebe Astrid, was für eine Geschichte im Garten des Schwagers! Hier gab es innerhalb der Stadt früher wunderbare, das Bild prägende Blutbuchen. Leider fielen sie nach und nach der Säge und Privatinteressen zum Opfer, riesige, wunderbare und weitausladende Bäume. Ich habe diesen Baum schon in der Kindheit sehr gemocht und man sagte, ich hätte strikt behauptet, in einem habe Rotkäppchen gewohnt...Herzlich, Sunni

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  9. Was für wunderschöne Bilder liebe Astrid! <3 Ich hoffe du lässt es dir gut gehen!
    Allerliebste Grüße ins Weekend
    Christel

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  10. sehr beeindruckende bilder!! der name purpurbuche gefällt mir besser als blutbuche!
    liebe grüße
    mano

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  11. Das ist ja die perfekte Untermalung für meinen Baumfreund... Ich mag sie sehr gern. Beim Gefährten steht eine im Garten, und eine besonders schöne im Rostocker Lindenpark... Danke für deine kenntnisreiche Baumbeschreibung, da lerne ich immer dazu. Viel Freude noch an deinem neuen Baumliebling. Liebe Grüße Ghislana (die Räucherkerzen haben so gut gewirkt, dass wir immer noch draußen am Frühstückstisch sitzen 😄)

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  12. ...das ist sehr interessant, liebe Astrid,
    bisher dachte ich, es sei der gleiche Baum mit unterschiedlichen Bezeichnungen...schöne Beispielfotos hast du dazu,

    liebe Grüße Birgitt

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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