Samstag, 25. Juni 2016

Schlag nach bei Shakespeare!


Shakespeare - Rose in meinem Garten





Ein Nachtrag zu meinem Post von heute Morgen muss ich hier noch bringen, denn ich fand so verblüffend, was der 400 Jahre alte Meister und stupende Kenner der menschlichen Seele seinem Thomas More, dem Lordkanzler & großen Humanisten, in einem wenig bekannten handschriftlichen Manuskript ( den sog. Sir Thomas More Scenes ) in den Mund gelegt hat, etwas, dass manche seiner Landsleute von heute nicht überlegt haben, als sie sich vorgestern aus der Gemeinschaft der Europäer verabschiedet haben: "Wo nicht England ist, ihr wäret Fremde"

... Say now the king
(As he is clement, if th’ offender mourn)
Should so much come to short of your great trespass
As but to banish you, whether would you go?
What country, by the nature of your error,
Should give you harbor? Go you to France or Flanders,
To any German province, to Spain or Portugal,
Nay, any where that not adheres to England,—
Why, you must needs be strangers. Would you be pleased
To find a nation of such barbarous temper,
That, breaking out in hideous violence,
Would not afford you an abode on earth,
Whet their detested knives against your throats,
Spurn you like dogs, and like as if that God
Owed not nor made not you, nor that the claimants
Were not all appropriate to your comforts,
But chartered unto them, what would you think
To be thus used?

( Copyright © 2016 by PlayShakespeare.com.Visit http://www.playshakespeare.com/license for details. )



Weh euch! Weh euch! Stellt euch doch einmal vor,
der König ließe Milde walten und
verbannte euch: wo suchtet ihr dann Zuflucht?
Bei welchem Volk, das sich verhält wie ihr,
bekämt ihr Schutz? Geht hin nach Frankreich, Flandern,
in deutsche Lande, Spanien, Portugal,
ja, irgendwohin, wo nicht England ist –
ihr wäret Fremde. Wie gefiels euch dann,
ein Volk zu finden, das, wie ihr Barbaren,
in furchtbare Gewalt ausbricht und euch
den Aufenthalt verwehrt, ja, euch stattdessen
das Messer wütend an die Kehle setzt
und euch wie Hunde fortjagt, so als ob
ihr nicht von Gott gemacht wärt und als fehlte
bei euch was, das nur sie alleine haben?
Was hieltet ihr von solcher Art Behandlung?


Der britische Shakespeare-Schauspieler und Darsteller des Gandalf, Ian McKellen, hat den Monolog rezitiert:




Was es mir auch beweist: Die Bildung der Mehrheit der Menschen in unseren Ländern ist diesen Namen nicht mehr wert, denn dann würden sie solche uralten Erkenntnisse kennen, die wir seit Schultagen in Herz & Hirn tragen. Nur in diesem Falle kann ich die Formulierung "Wir werden dumm gehalten" mittragen. Ansonsten halte ich es mit Immanuel Kant: "Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen." 

Und weiter: "Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen, nachdem sie die Natur längst von fremder Leitung frei gesprochen (... ), dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben; und warum es Anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. Es ist so bequem, unmündig zu sein."

Das ist den Briten vorzuwerfen. Und manchem Mitbürger hierzulande ins Poesiealbum zu schreiben...

Die Reue über den Paukenschlag, den man gestern noch so genossen hat, scheint heute schon eingesetzt zu haben. Wie soll man sich sonst erklären, dass schon neue Petitionen, Referenden usw. in Gang gesetzt werden? 

"Wo nicht England ist, ihr wäret Fremde" - das trifft auf hier lebende Briten im Bekanntenkreis oder bekannte Kulturschaffende im Rheinland nicht mehr zu. Sie wollen sich nun um eine deutsche Staatsbürgerschaft bemühen. Das sie sich längst von der Vorstellung der Erzfeindschaft verabschiedet haben, wie es damals nach dem Krieg undenkbar schien - auch das ist Europa zu verdanken.







11 Kommentare:

  1. ich habe mal wieder keine Zeit... aber wie immer hast du alles so wunderbar auf den "Punkt" gebracht!!!

    Danke dir dafür und liebe Grüße

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  2. ...ach, ach ich bin noch grübelnd und verwundert, sowieso erst vom Reisen wiedergekommen, aber ich danke Dir sehr für die Worte, die Du herausgesucht hast- auch gestern- und denke mit Dir an Shakespeare, an Kant und zudem noch an Adorno...wo nur führt das alles hin? Beim Schauen auf Herden und Massen wird es mir ganz weh, aber zum Glück gibts ja noch die Möglichkeit des kleineren und differenzierteren Hinsehens. Das nährt zumindest meine Hoffnung- ein wenig...im Kleinen.Sei herzlich gegrüßt, Taija

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  3. Ganz genau so... da habe ich nichts hinzuzufügen :(
    Ganz liebe Grüße
    Christel

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  4. Die Shakespeare-Rose ist wunderschön :-). Danke auch für deine Posts die mich immer zum Nachdenken anregen.

    Ein Zitat von Shakespeare ist mir, sozusagen zu den jüngsten Ereignissen, besonders ins Auge gefallen: "Die Welt ist weder gut noch schlecht, erst unser Denken macht sie dazu."

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  5. Shakespeare ist immer noch aktuell ... im Guten wie im Bösen. Das zeigt, dass wir Menschen es einfach nicht fertig bringen, klug zu werden. Bildung ist das A und O und wenn meine Kinder bei solchen elementaren Wahrheiten und meinen Ärger über Aussagen wie "das ist doch egal, das muss man nicht wissen" die Augen verdrehen, dann kann ich schon mal richtig sauer werden. Bequemlichkeit ist mir ein Dorn im Auge, selbst gewollte Unmündigkeit macht mich rasend.
    LG
    Claudine

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  6. Ich könnte Beifall klatschen.
    Liebe Grüße
    Andrea

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  7. Liebe Astrid,
    ich habe auch Deinen anderen Post gelesen.
    Du bringst es auf den Punkt.
    Verstehen kann ich die Engländer nicht.
    herzlich Margot

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  8. sehr gut auf den Punkt gebracht..
    es gilt für jedes Volk..
    woanders wäret ihr Fremde..
    doch unser Land verkommt zu Stammtischdespoten..
    und die ewig Gestrigen befinden sich im Aufwind..
    nur gut dass ich schon so alt bin..
    werde vielleicht nicht mehr erleben müssen wo das hin führt
    liebe Grüße
    Rosi

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  9. Liebe Astrid,
    Sir Thomas More war ein weiser Mann und hat sich deshalb auch mit Henry in die Wolle bekommen. England war am Ende bis Elisabeth I es wieder geschafft hat.

    Die Stimmung das diesem Austritt war hier schon deutlich zu merken. Ich könnte hier schreiben und schreiben. Man steht da und ist betroffen und du hast es gut auf den Punkt gebracht.

    Unser Land verkommt, so wie es Rumpelkammer geschreiben hat und ich bin ja schon alt, aber meine Nachkommen tun mir leid und mir ist es zum heulen. Die Zeiten werden nicht besser werden.

    Lieben Gruß Eva

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  10. Herr Kant spricht mir wieder mal aus dem Herzen.

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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